Mit den Augen hören
Frau Jahns, Sie haben bereits Ende der achtziger Jahre in Dresden Schumanns «Liederkreis» auf die Bühne der Kleinen Szene gebracht. Damals war die Idee, Lieder als Mini-Opern zu interpretieren und zu visualisieren, etwas Neues. Was hat Ihr Interesse an szenischen Liederabenden ursprünglich motiviert?
Ich hatte eigentlich schon immer den Wunsch, mich beim Singen zu bewegen. Für mich war dieses steife Am-Flügel-Stehen bei Liedinterpretationen ein Kraftakt, der mich mehr anstrengt als die Bewegung im Raum.
Stand somit eine ganz pragmatische Erwägung am Anfang?
Ja, das kann man so sagen. Aber bald kam natürlich das Bedürfnis hinzu, für die Lieder eine plausible bildliche Dramaturgie zu entwickeln. Ich wollte für mich einen Weg finden, das Konkrete in und hinter all den kleinen Geschichten aufzuspüren, die da erzählt werden. Gleichzeitig ging es mir darum, den inneren Zusammenhang der Zyklen zu verstehen und zu vermitteln, also mich der Frage zu stellen, warum ein Komponist eine bestimmte Folge von Liedern so und nicht anders festgelegt hat. Das Denken in Bildern hat mir dabei sehr geholfen.
Geben Sie mit einer konkreten Bebilderung dem Zuschauer nicht Wahrnehmungsmuster vor, die das ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt Februar 2005
Rubrik: Thema: Szenische Liederabende, Seite 35
von Albrecht Thiemann
Herr Kuˇsej, Sie sollten 2004 in Bayreuth «Parsifal» inszenieren und inszenieren nun «Carmen», von Nietzsche als Gegengift zu Wagner empfohlen. War das Ihr Wunsch?
Nein, ich habe nie Wünsche in der Oper. Ich lasse mich gern verführen von Dirigenten oder Intendanten, die glauben, dass ich das eine oder andere Stück mit ihnen machen soll. Ich hatte große Vorbehalte...
Die These, die dem neuen Hannoveraner «Tristan» zu Grunde liegt, ist durchaus beunruhigend: Könnte es sein, so scheint Joachim Schlömer sich und das Publikum den ganzen Abend über zu fragen, dass dieses Werk sich am Ende einer glaubwürdigen szenischen Realisierung grundsätzlich verweigert? Dass dort, wo es ohnehin nur um hemmungs- und grenzenlose Gefühle geht, jede...
Es wäre ja so leicht, den Allegro-Molto-Teil der «Don Giovanni»-Ouvertüre vorzubereiten, meinte Peter Gülke auf dem jüngsten Symposion im Berliner Institut für Musikforschung. Ein dezenter Auftakt am Ende des einleitenden Andante, schlagtechnisch kein Problem. Genau das machte Furtwängler aber nicht. Er riskierte mit dem Allegro einen Neuanfang, beließ damit dem...