Mal ehrlich... Aus dem Leben eines Taugenichts

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Es heißt ja immer, Sänger seien so entsetzlich dumm. Ich will auch gern zugeben: Nicht jeder Kollege ist so helle, dass man eine Sonnenbrille braucht. Trotzdem ist das Klischee nicht fair. Viele  Sänger, die ich kenne – vor allem viele Sänger, die ich nicht bloß kenne, sondern auch mag – waren auf der Uni. Nicht, um Gesang zu studieren. Vier sind fähige Komponisten. Ich selbst wäre fast Ökonom geworden, auch wenn das, zugegeben, der Weltwirtschaft eher geschadet hätte. Andere haben Abschlüsse in Jura, Medizin, Zoologie, Geschichte und Biochemie.

Einer ist Fachmann für Hexenkunst. Sie alle verdingen sich mit Singen, und ein paar sind sogar richtig berühmt. Ich behaupte also – selbstverständlich ohne irgendwelche statistischen Belege –, dass der Durchschnitts-IQ bei Sängern ziemlich hoch liegt.

Bloß: Es hat so seine Nachteile, wenn es auf der Probebühne von Intelligenzbestien wimmelt. Unglaublich, wie viel Zeit man mit abgründigen Gesprächen über die verborgenen Bedeutungsebenen eines Shakespeare’schen Verses verschwenden kann. Oder mit wissenschaftlich unterfütterten Streitereien über die stilistische Authentizität einer bestimmten Verzierung. Neulich verwickelte so ein ...

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Opernwelt Januar 2015
Rubrik: Magazin, Seite 73
von Christopher Gillett

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