Love’s Old Sweet Song
Schon der Anfang: die reine Musik. Musik als Theater, Theatermusik. Dazu ein Schauspiel von erhabener Größe, unvergleichlich grandios übersetzt von Hans Wollschläger, man lässt sich diese Sätze immer wieder gerne auf der Zunge zergehen: «Stattlich und feist erschien Buck Mulligan am Treppenaustritt, ein Seifenbecken in Händen, auf dem gekreuzt ein Spiegel und ein Rasiermesser lagen. Ein gelber Schlafrock mit offenem Gürtel bauschte sich leicht hinter ihm in der milden Morgenluft. Er hielt das Becken in die Höhe und intonierte: – Introibo ad altare Dei.
»
Das sitzt. Das klingt. Das federt. Und hat einen Hauptdarsteller, der vieles ist: Komödiant, Tragöde, Pantomime, ausgestattet mit der hohen (und seltenen) Gabe, alles und jeden imitieren, durch den Kakao ziehen zu können, kurzum: ein raconteur vor dem Herrn, zudem ein Verwandlungskünstler von hohen Gnaden, der es sich nicht nehmen lässt, die christliche Transsubstantiation zu parodieren, das Mysterium der Messe, die Verwandlung des Brotes in den Leib Christi. Das alles zelebriert Buck Mulligan, jener derb-kluge, zynische Studiosus der Medizin, mit jenem lustvoll gespielten Ernst, der uns glauben macht, wir befänden uns in einem ...
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Opernwelt Jahrbuch 2022
Rubrik: James Joyce Ulysses, Seite 112
von Jan Verheyen
Seltsam, dieser Beginn. Vertraut man leichtgläubig und naiv auf die drei vorgezeichneten Kreuze und liest man den Text, käme als Tonart eigentlich nur A-Dur in Frage – und ein optimistischer Gestus. «Im wunderschönen Monat Mai», das klingt nach ungehemmter, frühlingshafter Vorfreude. Doch schon die Spiel- und Singanweisung «Langsam, zart» deutet vorsichtig an, dass...
Eine streng geregelte Kindheit habe er gehabt, sagte Georg Kreisler einmal. Diese Kindheit begann am 18. Juli 1922 in Wien und nicht am 25. Dezember, wie die jenes in «Für was bist du gekommen?» (1966) besungenen Kindes, das alle möglichen Wünsche von seiner (jüdischen) Familie unter die Babyachsel zahlreicher potentieller schlechter Gewissenszustände geklemmt...
Jahrespressekonferenzen mit Bernd Loebe sind ein Spaß, und lehrreich sind sie auch. Man erlebt einen Menschen, der unmittelbar und unverziert über Dinge spricht, die ihn ernsthaft etwas angehen. Eine Selbstverständlichkeit? Merkwürdigerweise nicht. Seine Leidenschaften versteht er dabei zu zügeln. Eher entflammt er sich – das hat er mit vielen trefflichen...