Klangwerker der Schöpfung

Auf den Spuren von Dieter Schnebel und Alvin Lucier – zwei faszinierende Komponistenporträts

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Für Susanne Elgeti streift Dieter Schnebel noch einmal den Talar über, richtet das geteilte Beffchen des reformierten Protestanten, hebt die Arme und spricht den Segen für eine imaginäre Gemeinde. Die Kirche ist leer, der Atem geht schwer. Vom «Friede Gottes» hören jetzt nur die Regisseurin und ihr Team. Gut so?, fragt der Blick des Pfarrers a. D. Der «Friede Gottes» – er ist ein Leitwert, ein Sehnsuchtsort, der den mittlerweile 86-Jährigen seit jeher an- und umtreibt, den Theologen wie den Künstler. Etwas, das «jenseits von Zeit und Raum» wirkt.

Auftrag und Verheißung, Fernziel der Schöpfung, die der Mensch des entfesselten Kapitalismus gerade wieder einmal zu verspielen droht.

«Utopien» hat Schnebel seine letzte Arbeit für die Bühne genannt und ans Ende das große Segenswort gesetzt. Wie ein roter Faden ziehen sich Ausschnitte aus dem 2014 in München uraufgeführten «musikalischen Kammertheater» für sechs Stimmen, Statisten und Instrumentalensemble durch Elgetis sensibles Filmporträt. Es zeichnet nicht nur das Denken und Fragen eines Komponisten nach, der sich, angeregt durch John Cage, in seinen Werken intensiv mit der Physiologie der Stimme und der Materialität der Lautproduktion ...

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Opernwelt Mai 2016
Rubrik: DVD des Monats, Seite 29
von Albrecht Thiemann

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