Jugendliche Grenzgänger

Das Hessische Staatstheater Wiesbaden vertraut einem Regie-Debütanten Brittens «Peter Grimes» an und überlässt Scarlattis «Giuditta» Absolventen der Mainzer Musikhochschule

Opernwelt - Logo

Benjamin Britten war skeptisch. Vermutlich, so schrieb er nach Vollendung seines «Peter Grimes», werde kaum jemand die Oper auf der Bühne ertragen können. Warum, zeigt die Arbeit des jungen österreichischen Regisseurs Philipp M. Krenn. Er verortet das Stück, ganz im Sinne Brittens, an der Schmerzgrenze zum Unerträglichen. Krenns Inszenierung zeigt den Titelhelden als eine gespaltene, von Kindheitserlebnissen traumatisierte Persönlichkeit, schwer belastet durch den Verdacht, Schuld am Tod seines Lehrjungen zu tragen.

Hoch in den von Rolf Glittenberg entworfenen Bühnenraum entrückt, schwebt Grimes’ karg möblierte, in verblichenem Hellblau getünchte Kammer während des gesamten Abends über dem Geschehen. Sich auf seinem Bett wälzend, durchlebt Hauptdarsteller Lance Ryan dort den qualvollen Prozess psychischer Selbstzerstörung; sowohl die gerichtliche Untersuchung des Todesfalles als auch die Stimmen der aufgebrachten Dorfbewohner sind seinem eigenen Inneren entsprungen; dort schreit, brüllt und tobt es. Grimes selbst erhebt Anklage – und  rutscht schließlich, nachdem das Bett mehr und mehr in Schieflage geraten ist, auf den Boden hinab wie in einen Abgrund. Ryan verkörpert die ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt April 2017
Rubrik: Magazin, Seite 86
von Silvia Adler

Weitere Beiträge
Impressum

58. Jahrgang, Nr 4
Opernwelt wird herausgegeben von
Der Theaterverlag – Friedrich Berlin

ISSN     0030-3690
Best.-Nr.     752299

Redaktion Opernwelt
Nestorstraße 8-9, 10709 Berlin
Tel.: +49(0)30/25 44 95 55
Fax: +49(0)30/25 44 95 12
redaktion@opernwelt.de
www.der-theaterverlag.de/opernwelt



Redaktion
Jürgen Otten, Albrecht Thiemann (V. i. S. d. P.)

Redaktionsbüro
Andrea Kaiser...

Mitleidlos

Wie ein Mühlrad rotieren die vier kleinen Räume auf der schmalen Drehbühne. Uns schaudert es beim Anblick dieser schäbigen Enge, in der beschädigte Menschen das Leben der anderen und ihr eigenes zerstören. Marie sitzt melancholisch am offenen Fenster ihrer kleinen Kammer, Doktor und Hauptmann zucken in ihren Räumen, während Andres Hasen ausnimmt und  aufhängt. Sie...

Ein Versprechen

Je älter er werde, so hat Dmitri Hvorostovsky einmal bekannt, desto näher fühle er sich Russland. Tiefer wolle er eintauchen in die Opernpartien seiner Heimat, zu einem Experten werden. Auch diese CD sollte den Weg dahin bahnen. Doch ob es jemals zu Engagements kommt? Ein Hirntumor zwang Hvorostovsky bekanntlich zum Rückzug von der Opernbühne, eine «Pause» sollte...