Immer die Falschen!
Wer war Balzacs Trompe-la-Mort? Durch sechs Teile der «Comédie humaine» geistert der Täuscher, Namen, und Kleider ändernd, selbst sein Gesicht bleibt nicht dasselbe. Jetzt hat der Komponist Luca Francesconi die Figur aus Balzacs epochalem Sittengemälde zur Schlüsselfigur seiner neuesten Schöpfung gemacht.
Ein auf lakonische Weise fesselndes Werk ist es geworden. Gewiss, ein großes Risiko ist die Pariser Opéra national bei der Auftragsvergabe nicht eingegangen.
Auch wenn Francesconi in Deutschland nur zögerlich Eingang in die Spielpläne findet: Seine Stücke waren bereits in Mailand, Neapel, Rom, Amsterdam, Brüssel und Wien zu sehen, der Heiner-Müller-Einakter «Quartett» kam beachtliche 45-mal auf die Bühne. Francesconi kann zwar auf einen makellosen Moderne-Stammbaum verweisen – Berio, IRCAM, Stockhausen –, ist aber auch ein echtes Theatertier mit untrüglichem Sinn für Dramatik und eine starke Erzählung.
Den legt er auch als Librettist an den Tag. Dass Komponisten sich die Texte einfach selber schreiben, ist seit Richard Wagner gang und gäbe – und meistens eine Fehlentscheidung. Doch Francesconi ist – mithilfe von Rückblenden und geschickten Andeutungen – das Kunststück ...
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Opernwelt Mai 2017
Rubrik: Panorama, Seite 49
von Shirley Apthorp
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