Im Stil der goldenen Zwanziger

Lehár: Die lustige Witwe im Pfalztheater Kaiserslautern

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Zum Entrée erklingt wildes Gehämmer. Als sich der Vorhang öffnet, ist der Bühnenaufbau noch voll im Gange: Kulissen werden gerückt, eine Wand droht umzufallen. Doch bereits die unfertige Bühne zeigt, wohin die Reise geht: roter Plüsch, soweit das Auge reicht, Samttapeten, Kristallleuchter, Federdiademe. Regisseur François de Carpentries und sein Bühnenbildner Thomas Dörfler verlegen Franz Léhars Operette «Die lustige Witwe» in die Zeit der 1920er-Jahre.

Die Titelheldin, gesungen von Elena Fink, erscheint als Marlene-Dietrich-Verschnitt, platinblond, mit schwarzem Hosenanzug und Zylinder. Wie im Film «Der blaue Engel» posiert sie von Männern umschwirrt mit übereinandergeschlagenen Beinen an der Rampe.

Grundsätzlich wäre der frech-innovative Zeitgeist der «Goldenen Zwanziger» geeignet, dem Operettenklassiker frischen Charme und Esprit einzuhauchen. Doch von der kreativen Aufbruchstimmung jener Ära ist in Kaiserslautern wenig zu spüren. Interieur und ebenso die historisierenden, mit Goldstickereien, Kordeln und Pailletten versehenen Kostüme (Karine Van Hercke) wirken reichlich antiquiert. Auch die Regie zeigt wenig Interesse an einer zeitgemäßen Neuausdeutung. Die Handlung wird eins ...

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Opernwelt Februar 2023
Rubrik: Panorama, Seite 37
von Silvia Adler

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