Horreur!
Wajdi Mouawad zählt zu jenen überschätzten Regisseuren, die in Frankreich eine ansehnliche Karriere machen. Seit 2016 leitet der 52-jährige, libanesisch-kanadische Doppelbürger das Pariser Théâtre de la Colline, eines der sechs Nationaltheater im Lande, dem mit Alain Françon und Stéphane Braunschweig schon ganz andere Kaliber vorgestanden haben. Als Dramatiker beackert Mouawad gern die Schnittstelle der Themenfelder «Familiengeheimnisse» und «Geschichtstraumata», was ihm den Ruf eines einfühlsamen Zeitdiagnostikers eingebracht hat.
Produktionen wie die Tetralogie «Le Sang des promesses», zwischen 1997 und 2009 aus der Taufe gehoben, waren allerdings vor allem peinlich schlicht und peinvoll schrill.
Vielleicht, weil er als Autor gern Anleihen bei griechischen Tragödiendichtern macht, sicher auch, weil er schon die sieben erhaltenen Dramen von Sophokles inszeniert hat, wurde Mouawad jetzt damit betraut, Georges Enescus «Œdipe» (1936) an der Pariser Nationaloper aufzuführen. Dem Prolog des Vierakters stellt der Regisseur ein pantomimisches Vorspiel voran, zu welchem seine eigene Stimme aus dem Off die Erklärungen liefert. Darin verfolgt er die Geschichte bis zu Adam und Eva ...
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   Opernwelt November 2021 
 Rubrik: Im Focus, Seite 10
 von Marc Zitzmann
 
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