Hemmungslos verknallt
Gleich an der Isar ist das. Wo auf dem Hochufer der Friedensengel thront, wo ein paar Schritte weiter das Prinzregententheater lockt. Und wo es eine mit Graffiti übersäte Unterführung gibt. Münchens Bermuda-Dreieck der Emotionen und Träume – und, wie wir nach geschätzt einer Kinostunde erfahren, der Eingang zur Unterwelt. Unweit davon ist Kolya, Trickdieb und Rapper, von einem Auto erfasst worden. Hier wird die für ihn entflammte Nele hinabsteigen, um ihn zurückzuholen. Eine «Orphea in Love», wie es auch der Filmtitel sagt.
Eine junge Frau, ausgebootete Callcenter-Mitarbeiterin, die das große Glück in ihrer kleinen Welt sucht.
Geredet wird dabei nicht viel. Denn wenn sich die Gefühle ballen, muss alles umkippen in die Arie. Das ist mindestens seit dem Februar 1607 so, seit der Uraufführung von Monteverdis «L'Orfeo», mit dessen Intrada der Film von Axel Ranisch anhebt. Ein «Opernmusical» nennt ihn Ranisch. Was zeigt: So ganz fassen lässt sich das alles nicht. Muss es auch nicht. Wie in seinen Inszenierungen für die Bühne zeigt sich Ranisch hemmungslos verknallt ins Genre und in seine Darsteller. Eine Opernliebe, der man sich – auch wenn gelegentlich Kitsch und Hypergefühliges von ...
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Opernwelt Februar 2023
Rubrik: Magazin, Seite 65
von Markus Thiel
In Augsburg gibt es einige glänzende Räume: den Goldenen Saal im Rathaus, den kleinen Goldenen Saal des Jesuitenkollegs, in das Leopold Mozart zur Schule ging, den Festsaal im Schaezlerpalais, in dem Marie-Antoinette vor ihrer Hochzeit mit Ludwig XVI. eine Nacht durchtanzte. Sie alle blenden, obwohl aus unterschiedlichen Epochen, das Auge mit ihren Schnitzereien...
Sangs» hat die französische Altistin Sarah Laulan ihr in enger Zusammenarbeit mit der Pianistin Élodie Vignon entstandenes Recital benannt und spielt mit dieser grammatikalisch inexistenten Mehrzahl des französischen Worts für «Blut» auf das Pulsieren und Strömen des menschlichen Lebens an. Im übertragenen Sinn meint es die Blutauffrischung, die die Komponisten...
Kürzlich ist postum der dritte Band von Günther Rühles «Theater in Deutschland» erschienen. Wie in den vorangehenden Bänden fordert der renommierte Kritiker und Intendant in seiner Theatergeschichte, dass in Inszenierungen die Gegenwart für den Zuschauer spürbar sein müsse; ohne Zeitbezug verlöre das Theater Relevanz. Dass das einem heiklen Balanceakt gleicht, ist...