Grenzenlos wandlungsfähig
Auf diese Nasen können Sie bauen! Nicolai Gedda und José van Dam, die elegantesten Gesangs-Universalisten der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, ergänzten die grande tradition ihres Fachs um ein unverkennbares Merkmal: ihr nasales Timbre. Das war nicht Beschränkung. Sondern Ausdruck einer spezifischen Idiomatik, mit der sie – paradox genug – die hintersten, unterschiedlichsten Ecken des Repertoires ausleuchten konnten.
Gedda, der am 11. Juli seinen 90. Geburtstag feiert, besaß schon als Jugendlicher ein Faible für Fremdsprachen.
Besonders für das Französische, das zum Ausgangspunkt seiner Weltkarriere wurde – wohl auch, weil das Schwedische, seine Muttersprache, nicht allzu viel zu singen bot. Der Belgier van Dam – er wird am 25. August 75 Jahre alt – nutzte gleichfalls den Platznachteil eines eher unterrepräsentierten Nationalrepertoires, um in allen möglichen Sparten zu wildern. Noch mit seinem dieser Tage erschienenen Tango-Album legt er ein erstaunliches Zeugnis seiner Wandlungsfähigkeit ab.
Beide Sänger besaßen Kernpartien, aus denen heraus sich ihre Entwicklung gleichsam ergab. Bei Gedda war es der Chapelou in Adams «Postillon de Lonjumeau», mit dem er debütierte. Er war ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt Juli 2015
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 24
von Kai Luehrs-Kaiser
Wie Ameisen auf der Haut fühlt sich diese Musik an. Ein fortwährendes Kribbeln, kaum zu lokalisieren zunächst. Dann plötzlich beißender Schmerz: jähe Präsenz und Wachheit. In «Written on Skin» entdeckt George Benjamin das Große im Kleinen, also braucht auch Otto Tausk am Pult keine wuchtige Geste: Oft sind es die scheinbar flüchtigen Momente, ein Vibrieren der...
Er war stets genau so alt wie sein Jahrhundert. Man konnte das symbolisch sehen: Ernst Krenek (1900-1991) gehörte zu den zeitbewusstesten Musikern und Intellektuellen, zugleich zu den vielseitigsten Künstlern seiner Epoche. Mit dem spröde-erratischen Musikdrama «Karl V.» suchte er, in expressiv aufgeladener Quasi-Zwölftontechnik, aus konservativ-idealkatholischer...
Während man sich in Mailands Messe-Pavillons seit der Eröffnung der Weltausstellung Expo 2015 am 1. Mai dem globalen Thema «Welternährung» widmet, erwies man zur Saisoneröffnung an der Scala am selben Abend mit einer Wiederbelebung der «Turandot»-Inszenierung von Nikolaus Lehnhoff (2002) neben Puccini zwei weiteren nationalen Musikgrößen Reverenz: Luciano Berio,...
