Gewiefte Gestrigkeit
Arie, Duett, Ensemble. Liebe und Verrat. Staatsaffären und private Seelenpein. Der Plot von James MacMillans erster Oper «Inés de Castro» – 1996 uraufgeführt und von manchen als die schottische Antwort auf «Peter Grimes» gepriesen – könnte geradewegs aus Donizettis Zeiten kommen, so vorgestrig wirkt er. Auch musikalisch nimmt MacMillan Anleihen in der Vergangenheit, allerdings eher bei Schostakowitsch, Tippett und all den anderen Komponisten, deren Klänge mit schöner Regelmäßigkeit in den Orchesterwerken des 55-jährigen Schotten umhergeistern.
Dabei ist «Inés de Castro» kompositorisch so gewieft gemacht – kluge Orchesterbehandlung, kreativer Einsatz des Schlagwerks, alles geschickt in zwei je einstündige Akte gegossen –, dass man beinahe bereit ist, über die eklektische Machart und bewussten Archaismen hinwegzusehen und zu glauben, dies sei ein akzeptables Beispiel für zeitgenössische Oper. Beinahe.
MacMillan ist einer der meistgespielten britischen Komponisten seiner Generation. Sein umfangreiches Instrumental- und Sakral-Œuvre wird im englischsprachigen Raum regelmäßig aufgeführt. Auch in den Medien kommt er oft zu Wort, mit Vorliebe, wenn es darum geht, die Rolle der ...
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Opernwelt März 2015
Rubrik: Magazin, Seite 81
von Andew Clark
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