Geschreddert
Platée, die von einem Tenor dargestellte Titelfigur in der gleichnamigen Oper Jean-Philippe Rameaus, ist eines der bedauernswertesten Geschöpfe der Opernwelt. Obwohl als hässliche Sumpfnymphe geboren, hält sie sich für das attraktivste Mädchen auf Erden. Doch dieses Missverhältnis sichert ihr nicht nur die Aufmerksamkeit Jupiters, der mit der offenkundigen Mesalliance mal wieder seine Juno ärgern will, sondern auch immer wieder das Interesse neugieriger Opernmacher.
Nun ist sie aus Frankreichs Sümpfen sogar bis in die Drei-Flüsse-Stadt Passau geschwommen, wo sie aber, tollpatschig wie sie nun mal ist, irgendwie den falschen Abfluss erwischt haben muss. Also entsteigt sie dortselbst einer riesenhaften Toilette, die, wie man aus dem Prolog erfahren hat, Jupiter und die Seinen für ihre sexwütigen Partys nutzen. Eine riesige Kakerlake saust um das Klo, ebenso wie der Hirt Cithéron, der als «Meister Proper» dem Übel mit einer übergroßen Klobürste zu Leibe rückt. Gummipuppen fliegen von allen Seiten herein, und zu Jupiters Schönheitswettbewerb tritt auch eine offenbar ziemlich stinkige «Miss Merde» an, während ein vierköpfiges Tänzerensemble immer wieder in rasender Hektik durchs Bild ...
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Opernwelt April 2017
Rubrik: Panorama, Seite 54
von Michael Stallknecht
«Chi a una sola è fedele verso l’altre è crudele», sagt Don Giovanni zu Beginn des zweiten Aktes zu Leporello: Wer einer einzigen treu bleibe, sei grausam zu allen anderen. Bei Seho Chang in Linz wirkt dies irgendwie drollig, denn der Koreaner ist von der Erscheinung her eher rundlich-knuddelig. Möglicherweise appelliert er an den Mutterinstinkt – ein nicht zu...
Länger als ein Jahrhundert hat es gedauert. Knapp 127 Jahre sind verstrichen, seit der Komponist letzte Hand an sein Bühnenwerk legte. An eine Oper, die Motive aus dem «Kalevala», dem finnischen Nationalepos, verarbeitet. Und eigentlich schon damals in Turku uraufgeführt werden sollte. Was erst jetzt, im Zuge der Feierlichkeiten zur Unabhängigkeit Finnlands – erst...
Es ist nur ein Blick. Aber er verändert alles, augenscheinlich, offenkundig, unausweichlich. Es ist der Blick einer jungen Frau, die das Tragische ablehnt, weil sie sich nach einer Zukunft sehnt, in der das Leben den Tod überwindet. Soeben hat dieser ihr die Mutter entrissen, und wieder war es Orest, der von den Furien Getriebene, durch Elektra Angestachelte, der...