Gefangen

Verdi: Don Carlo
Graz | Oper

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Assoziativ verbindet man mit dem Vornamen Karl zunächst einmal Großes. Doch auch das Widerspiel ist möglich. Etwa beim von Helmut Qualtinger so grandios gezeichneten Präzedenzfall aller Opportunisten, dem Herrn Karl, einem begnadeten Teilhabeverweigerer, der sich stets, wenn er Unglücks ansichtig wird (und sehr aktuell), mit «Karl, du bist es nicht …» aus der Affäre zieht. Der historische Don Carlos soll ebenfalls kein Held gewesen sein, sondern eher ein Kretin. Hingegen ist Schillers Dom Karlos Revolutionär, Freigeist und Empathist, ehe seine Liebe zu Elisabeth alles überschattet.

Dass er in Jetske Mijnssens Grazer Inszenierung von Verdis «Don Carlo» in seiner Agilität zuweilen begrenzt scheint, ist dem Ambiente geschuldet, in dem er sich aufzuhalten gezwungen ist. Auch wenn My­khailo Malafii sein Möglichstes gibt.

Verschiebbare Wände, getäfeltes Holz, sich ineinanderdrängend zu Räumen, die oft eher Klosterzellen gleichen, unentrinnbar für jene, die darin leben müssen. Kerkerhaft für die Seelen. «Es kämpft jeder seine Schlacht allein», lässt Schiller eine seiner Bühnenfiguren sagen. Und nein, es ist nicht Dom Karlos – sondern Lionel in «Die Jungfrau von Orleans». Aber der Satz ...

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Opernwelt November 2019
Rubrik: Panorama, Seite 45
von Gerhard Persché

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