Funkelnde Attacke
Auch das Augsburger Stadttheater muss empfindliche Kürzungen während der laufenden Saison verkraften. Doch Regisseurin Yona Kim, in Südkorea geboren, in Wien ausgebildet und demnächst in Stuttgart mit Chaya Czernowins «Pnima» aktiv, scheint das eher zu beflügeln.
Mit Bühnenbildnerin Etienne Pluss reißt sie für «Lucia di Lammermoor» weite, dumpf schimmernde, beunruhigende Seelenräume auf. Ein Shakespeare-Podest, das während Lucias Cabaletta nach oben klappt, ein paar historisierende Kostümzitate, eine perfekt ausgeleuchtete Szene: Das reicht.
Und schafft mit oft stilisierten Bewegungen und Arrangements eine Atmosphäre der Bedrohung, des Nicht-Eindeutigen, des Ungewissen. Ein Alptraum in 3D, in dem das weibliche (Chor-)Volk Schnurrbärte tragen muss und sich einzig Kammerdame Alisa (Stephanie Hampl) im steifen Reifrockpanzer wie ein dunkler Engel gegen die Machos behauptet. Lucia im Jungmädchenkleid ist dem Ganzen wie schutzlos ausgeliefert, bevor sie am Ende das vom Gattenmord blutige Laken wie eine Hochzeitsschleppe oder einen Krönungsmantel trägt.
Das subtilste, dank seiner kleinen Zeichen umso wirkungsvollere Donizetti-Konzept nützt wenig, wenn es nicht musikalisch erfüllt wird. Und ...
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