Fragmente der Verzweiflung

Talbot: Everest Dallas / Winspear Opera House

Opernwelt - Logo

Wie man aus einer wahren Begebenheit ein tragfähiges Musiktheaterstück formen kann, hat jüngst der britische Komponist Joby Talbot (*1971) mit seinem Opernerstling «Everest» gezeigt.

Thematisch fühlt man sich erinnert an Christian Josts’ «Angst» (2005): Talbots siebzigminütiges Werk, kürzlich an der Dallas Opera zur Uraufführung gelangt (in Kombination mit dem vierten Akt von Catalanis «La Wally»), greift auf das schwere Unglück am Mount Everest im Jahr 1996 zurück und schildert, wie drei Bergsteiger – Rob Hall, Doug Hansen und Beck Weathers – von einem Blizzard überrascht werden.

Gene Scheers Libretto fußt auf Interviews mit Überlebenden und rückt die Zuschauer beklemmend nah an die Figuren und ihren Überlebenskampf heran, indem es zwei Handlungsstränge herausmeißelt: zum einen den Gipfelsturm des Expeditionsleiters Rob, der gemeinsam mit Doug – trotz dessen geschwächter Verfassung – den Aufstieg fortsetzt; zum anderen das Schicksal von Beck Weathers, der schließlich im Sturm zurückgelassen wird. Eine weitere Ebene wird durch Schwenks zu Becks Tochter Meg und Robs schwangerer Ehefrau Jan eingezogen, die daheim, im fernen Alltag, an die getriebenen Männer denken.

Die fragmentarische ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt März 2015
Rubrik: Panorama, Seite 44
von Heidi Waleson

Weitere Beiträge
Aus dem Leben eines Taugenichts

In amerikanischen Opernhäusern geht es richtig streng zu. Man darf keine Kraftausdrücke benutzen, duldet kein sogenanntes «unangebrachtes Verhalten am Arbeitsplatz», sogar ob man Parfüm trägt, kann man nicht selbst entscheiden. Fluchen, Knutschen, Sprühen? Pustekuchen. Die ersten beiden Punkte regeln sich ganz von selbst, dafür sorgt schon die allgemeine Prüderie....

Die Nibelungen an einem Abend

Wenn Opernkenner sich in den Pausen langer Wagner-Aufführungen unterhielten, kamen sie bisweilen auf ­Ernest Reyer zu sprechen. Der habe es nämlich gewagt, die Nibelungen-Sage ebenfalls zu vertonen. 1884, acht Jahre nach Wagners «Ring», sei das Werk in Brüssel uraufgeführt worden und in Frankreich bis zum Zweiten Weltkrieg recht erfolgreich gewesen, danach aber nur...

Verbotene Liebe

Für den Broadway hat er noch nicht geschrieben. Und es deutet derzeit nichts darauf hin, dass Peter Eötvös mit dem Gedanken spielt, mal einem Frederick Loewe, Richard Rogers, Irving Berlin oder sagen wir: einem Kurt Weill respektive Leonard Bernstein nachzueifern. Aber das musikästhetische Denken des ungarischen Komponisten kennt keine Tabus, weder bei den Genres...