Flüchtig wie ein Schmetterling
Wer nach unerhörten Klängen, nach progressiven Techniken sucht, wird in «Anna Karenina» nicht fündig werden: Thomas Kürstners und Patrick Vogels Partitur für das Bremer Theater fällt in jene Kategorie von Neuschöpfungen, in denen aus der vollen Vorratskammer der jüngeren Musikgeschichte alles Mögliche zusammengeworfen wird. Janácek und Schostakowitsch, Britten und Adams. Abgerundet mit einem Hauch Filmmusik, gewürzt mit Regen-Rauschen und Zitaten von Bach, Beethoven, Debussy oder Ives. Überdies ist es sicher nicht der komplexeste Tonsatz.
Es wäre leicht, das Werk an dieser Stelle abzutun. Aber das hieße, seinen Kern verfehlen.
«Anna Karenina» muss man als Gesamtkunstwerk begreifen. Ein Hybrid, mit gesprochenen Texten, gesungener Deklamation und arienartigen Passagen. Mit einem kommentierenden Chor im Stil des griechischen Theaters. Der Text stammt von Armin Petras, eine Reduktion seiner Schauspielfassung von Tolstois Roman. Übrig bleiben nur die zentralen siebeneinhalb Figuren: Dascha, der Stefans Seitensprünge das Herz vernarbt haben. Kitty, die Lewin erst zurückweist, weil sie sich Hoffnung auf Wronski macht, dann aber doch bei ihm landet. Anna, die in Karenin anders als im Roman ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt Dezember 2014
Rubrik: Panorama, Seite 39
von Wiebke Roloff
Der Rheinoper ist zum Saisonstart endlich wieder eine rundum überzeugende Eigenproduktion geglückt (Barrie Koskys Trickfilm-«Zauberflöte» ist ja «nur» ein schlauer Einkauf von der Komischen Oper Berlin). Altmeister Dietrich Hilsdorf läuft in der 150. Regie seiner Karriere zu großer Form auf. Es ist seine erste Begegnung mit dem von ihm bisher gemiedenen Richard...
Piotr Beczala hatte im vergangenen Jahr ein Operettenalbum vorgelegt, das die Fans des Genres restlos glücklich machte. Die sämige Geschmeidigkeit seines lyrischen Tenors, die leicht slawische Sprachfärbung, die k.u.k-Nostalgie beschwört, der spürbare Spaß am Kitsch. Der Pole kommt den großen Vorbildern aus der Schellack-Ära sehr nahe, vor allem Richard Tauber....
Er müsste schon sehr souverän sein, der Intendant, der als Einstandspremiere «Hänsel und Gretel» ansetzte. Herausforderungen, die theaterpolitisch etwas hermachen, heißen anders: «Ring», «Les Troyens», auch «Moses und Aron». Oder wenigstens «Hoffmanns Erzählungen» und «Freischütz». Allzeit gut figurieren auch kanonische Meisterwerke wie «Don Giovanni» und...
