Faszinierendes Fragment

Wagner: Götterdämmerung am Staatstheater Braunschweig

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Über den Schluss von Wagners «Götterdämmerung» ist viel gerätselt worden. Der Komponist zog sich im orchestralen Nachspiel zurück auf ein Thema, das seit seinem ersten Auftreten im dritten Akt der «Walküre» nie mehr erklungen war. In der Regieanweisung ist von «Männern und Frauen» die Rede, die «in höchster Ergriffenheit» dem Brand Walhalls zuschauen – bislang waren diese nur in eher unangenehmen Individuen wie Hunding oder Gunther oder als willfährige Masse Teil des Geschehens, aber nun sollen sie anscheinend Träger der weiteren Entwicklung sein.

Am Staatstheater Braunschweig wird man an dieser Stelle sehr konkret: Die aus allen Erdteilen und Ländern zusammengesetzte Ballett-Compagnie schreibt in den verschiedenen Schriften und Sprachen ihrer Mitglieder gute Wünsche und Vorstellungen einer besseren Welt auf die schwarzen Bühnenbild-Wände. Das «Zurück vom Ring!», das sonst Hagen den Rheintöchtern zuruft in einem letzten Versuch, die Macht den Nibelungen wiederzuerobern, rufen hier die Tänzerinnen und Tänzer, und es soll wohl bedeuten, dass die Macht selbst der einen Menschen über die anderen ein Ende haben soll.

Wagners offenen Schluss so explizit zu inszenieren, ist mutig – wie ...

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Opernwelt August 2023
Rubrik: Panorama, Seite 52
von Peter Uehling

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