Farbverliebt
Am Rande des Nervenzusammenbruchs und einen Schritt darüber hinaus – so wohl ließe sich die emotionale Ausgangslage in Cordula Däupers Inszenierung von Mozarts «La finta giardiniera» am besten charakterisieren. Den Auftakt bildet ein Treppensturz: Mit Karacho lässt die Regisseurin ihre Titelheldin aus der Vorgeschichte der Oper direkt im ersten Akt aufprallen.
Bei einem vergangenen Streit mit ihrem eifersüchtigen Verlobten Belfiore ist Violante auf der Schlosstreppe verunglückt; in einem raffinierten Zeitsprung landet sie nun höchst unsanft auf dem Boden des Treppenaufgangs im Hotel «Zur verliebten Gärtnerin», von wo aus die vorgebliche Hotelfloristin im Rollstuhl einen Rachefeldzug gegen ihren Ex-Geliebten startet. Das von Pascal Seibicke entworfene Hotelambiente mit mehrstöckiger Treppengalerie und vielen Zimmertüren bietet reichlich Möglichkeiten, um das boulevardeske Liebesverwirrspiel, in das sich vom Hotelpatron bis zum Zimmermädchen immer mehr Protagonisten verstricken, auf die Spitze zu treiben.
Um mehr Tempo zu gewinnen, sind Dialoge und Rezitative in Mainz ausnahmslos gestrichen, stattdessen führt der Schauspieler Orlando Klaus als Liftboy mit gewitztem Charme durch die ...
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Opernwelt August 2021
Rubrik: Panorama, Seite 47
von Silvia Adler
Schon Tonart und Taktart verheißen viel Gutes. In lichtdurchflutetes G-Dur kleidet Händel die Arie seiner Titelheldin kurz vor Ende des zweiten Akts von «Rodelinda, Regina de’Longobardi» und wählt dazu einen sanft schaukelnden 12/8-Takt. Und so wiegt sie ihren Kopf hin und her, die Königin, und hofft, der Geliebte möge bald schon an ihrer Seite sein: «Ritorna, o...
Der Abschied war, im ursprünglichsten Sinne des Wortes: fürstlich. Gefeiert wurde er mit einer Gala, einem opulenten Bildband (dessen Titel «Zur Freude und Erhebung» in überschaubarer Bescheidenheit die in goldenen Lettern auf dem Giebel des Meininger Theaters verewigte Huldigung an Herzog Georg II. zitiert, der den Musentempel vor gut 200 Jahren gegründet hatte)...
Etwas ist anders als sonst. Weit und breit kein Orchester in Sicht, auch den Chor, der in Verdis «Traviata» die Rolle der vergnügungssüchtig-degenerierten Gesellschaft spielt, sucht man vergebens. Nur drei Menschen befinden sich im hochgefahrenen Graben des Hildesheimer Theaters: Studienleiter Panagiotis Papadopoulos, umgeben von einem Notenpult samt Partitur sowie...