Endstation Sehnsucht
Coraggio! So würde man wohl südlich der Alpen konzis ausrufen angesichts eines radikalen Saisonstarts, wie ihn die Oper Frankfurt, frisch akklamiertes «Opernhaus des Jahres», hingelegt hat. Zwei Premieren binnen Wochenfrist, mit zwei zeitgenössischen Stücken, die meilenweit abseits der kanonischen Sicherheitszone liegen, in zwei eigenwillig-entschiedenen Regiehandschriften.
Im Bockenheimer Depot, als deutsche Erstaufführung, Olga Neuwirths Musiktheater «Lost Highway» von 2003 auf ein Libretto, das die österreichische Komponistin gemeinsam mit ihrer Landsfrau Elfriede Jelinek geschrieben hat, nach dem Drehbuch zu David Lynchs gleichnamigem Film; im Großen Haus am Willy-Brandt-Platz Peter Eötvös’ original russischsprachige Tschechow-Adaption «Tri Sestry» aus dem Jahr 1998.
Zwei differierende, an und für sich hermetische (zur Hermeneutik durchaus anstiftende) Positionen werden hier sichtbar, deren Hauptunterschied auf der narrativen Ebene liegt: Dominiert bei Eötvös punktuell verschobenes Erzählen (Julio Cortázars auf aleatorischen Prinzipien gründender Roman «Rayuela» blinzelt hindurch), unterliegt Neuwirths Opus grosso modo stark assoziativen Denkmustern. Und doch gibt es ...
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Opernwelt November 2018
Rubrik: Im Focus, Seite 4
von Jürgen Otten
Im Vergleich zur Wiederentdeckungswelle der 1980er-Jahre ist es um Franz Schreker deutlich ruhiger geworden – in Zürich wurde zu diesem Komponisten freilich noch einmal ein starkes Wort gesprochen. Zur Saisoneröffnung brachte das dortige Opernhaus «Die Gezeichneten» heraus – und das in einer Produktion, die mit ihren scharfen Kanten neue Deutungswege erkennen...
Chapeau! «81 [runs] not out» ist eine stolze Zahl für einen Batsman, noch dazu für einen Amateur, und dies im legendären Londoner Cricket-Stadion «The Oval». Das ist, als hätte jemand beim Fußball in Wembley einen Hattrick erzielt. Britten-Biograf Humphrey Carpenter erwähnt diese Anekdote, um Peter Pears’ Skrupel zu beschreiben, dem diese sportliche Tat angeblich...
Claude Debussys Vokalschaffen stellt zweifellos den Höhepunkt der französischen Liedkunst dar – der mélodie, die sich auf so charakteristische Weise vom Kunstlied der deutschen Romantik unterscheidet. Etwa 100 mélodies hat Debussy zwischen 1879 und 1915 geschrieben, die enge Liaison von Wort und Ton zielt dabei auf einen Ausgleich, der dem Gedicht gleichsam eine...