Corinna Herr, Arnold Jacobshagen, Thomas Seedorf (Hrsg.): «Der Tenor. Mythos, Geschichte, Gegenwart», Königshausen & Neumann, Würzburg 2017. 253 Seiten; 38 Euro

Ein Mann, ein richtiger Mann?

Studien zur Phänomenologie des Tenors

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Es scheint zu passen, dass hinter IMG Artists, der heute wohl wichtigsten Sängeragentur der Welt, der Name Mark McCormack steht – des Gründers jener «International Management Group», die sich zu allererst als «Global Leader in Sports» verkauft. Denn auch Operngesang hat oft etwas von Athletik, wird doch ein hoher und lauter Ton nicht selten wie ein Rekord im Speerwurf bejubelt. «Am Spitzenton hängt unsere Vorstellung vom Tenor. Startenöre übertreffen einander mit solchen Tönen, durchdringend klingend, lange ausgehalten ...

», schreibt Rebecca Grotjahn in «Der Tenor – Mythos, Geschichte, Gegenwart». Und Christian Lehmann spricht von der «athletischen Risikostimme» des high testosterone male. Wobei mit solcher Macho-Vorstellung vom Gesang auch die herablassende Bezeichnung «Tenorino» für den lyrisch disponierten Vertreter dieser Stimmlage einhergeht (bekannt ist ja Mario del Monacos zynische Bemerkung über einen sich als Radamès versuchenden Lyrico: «Nemorino in Ägypten»). In diesem Zusammenhang spannt Christian Lehmann auch den Bogen zum Jokus, wobei er den Tenor- mit dem Blodinenwitz gleichsetzt.

Die Geburtsstunde jenes ténor fort oder tenore di forza, dessen Vorzüge eher im ...

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Opernwelt Januar 2018
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 29
von Gerhard Persché

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