Ein Häufchen Elend
Italienerinnen und Italiener haben ein gespaltenes Verhältnis zum Wasser. Zwar verbringen sie ihre Ferien am liebsten am Strand – doch schwimmen gehen sie kaum. Die Allermeisten wagen sich höchstens bis zur Hüfte ins Meer. Dort telefonieren sie dann ausgiebig, manchmal plaudern sie auch mit real anwesenden Mitmenschen. Junge Leute werfen sich, im Kreis stehend, Bälle zu: Basta così. Schwimmen wird im bel paese nicht als Freizeitvergnügen angesehen, sondern als echter Sport. So wie auch das Fahrradfahren.
Darum wundert sich das einheimische Publikum im Teatro San Carlo wenig, wenn Dvořáks Oper von der Nymphe Rusalka aus der Natur in die künstliche Welt eines Hallenbads verlegt wird. Hier, wo die Luft nach Chlor riecht und die Wände vollverkachelt sind, schindet sich die Heldin als Spitzenathletin. Mit den Chordamen bildet sie ein Team aus Synchronschwimmerinnen, während Vodnik, im Libretto ein Wassermann, bei Regisseur Dmitri Tcherniakov als ihr Trainer fungiert. Doch Rusalka will dieser Welt des Leistungsdrucks entfliehen – dorthin, wo der Boden trocken ist und der Prosecco auch. Ihre fixe Idee ist es, den sogenannten Prinzen kennenzulernen, einen vollbärtigen Beau aus der High ...
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Opernwelt Januar 2025
Rubrik: Im Focus, Seite 10
von Frederik Hanssen
Die Musikwelt ist ungerecht. Weil sie falsch urteilt. Oder Lücken schafft. Oder verdrängt. Oder alles zusammen. Im Fall des österreichisch-jüdischen Komponisten und Literaten Adalbert von Goldschmidt, der 1848 als jüngstes von sechs Bankiers-Kindern im Reichtum geboren wurde und 1906 in völliger Armut starb, liegt die Schuld jedoch in erster Linie beim...
Händel hat sie alle geliebt – die Eifersüchtigen und die Neidhammel, die Tyrannen und die Spieler, die Koketten und die Intriganten. Deswegen bekommt jede seiner Opernfiguren mindestens ein Arienjuwel von ihm geschenkt. In der Oper «Alcina» gibt es viele Juwelen, viele Figuren, und eine leidet herrlicher als die andere: die Zauberin und der von ihr manipulierte...
Kölner Opernproduktionen stemmen sich seit dem Auszug vom Offenbachplatz gegen die Not der Interims-Spielstätten. Im Staatenhaus funktionierte das recht gut, wenn die räumliche Charakteristik des Provisoriums mitgedacht wurde. Die nun angelaufene Spielzeit wurde von Intendant Hein Mulders jedoch in der als gesichert geltenden Annahme geplant, wieder an alter...