Echte Trouvaillen
Auch in der Ära Konrad Adenauers und Charles de Gaulles, als die deutsch-französische Aussöhnung auf der Tagesordnung ganz oben stand, wurden die künstlerischen Leistungen des Nachbarlandes, jedenfalls soweit es die Gesangskunst betraf, östlich des Rheins kaum wahrgenommen. Das hat sich inzwischen geändert. Auch dank des Institut National de l’Audiovisuel (INA), das seit 1992 die Rezeption mit Funk- und Fernsehdokumenten aus dieser Epoche belebt. Die Reihe «mémoire vive» hält viele Überraschungen bereit.
Etwa eine Fernsehproduktion von Puccinis «La Bohème» aus dem Jahr 1960. Gesungen wird in französischer Sprache, was dem Werk musikalisch keinen Abbruch tut und dramaturgisch einigermaßen triftig ist, da Regisseur und Ausstatter alles tun, um die Welt heraufzubeschwören, in der Henri Murgers Roman spielt. Das hat etwas rührend Nostalgisches, und die Patina verleiht der Inszenierung aus heutiger Sicht einen zusätzlichen Reiz. Die Kostüme sind adrett, die Bohemiens – schon reifere Semester, die nicht wie Hungerkünstler aussehen – wirken wie aus dem Ei gepellt, auch die Mansarde macht einen sauberen Eindruck. Besonderen historischen Wert gewinnt der Film durch die Mitwirkung von Alain ...
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Opernwelt Mai 2016
Rubrik: Hören, Sehen, Lesen, Seite 35
von Ekkehard Pluta
Und so werden sie sich in der kommenden Saison alle ums wärmende Feuer der Vergangenheit versammeln. Oder ist es doch mehr eine Séance? Wenn, dann werden jedenfalls aus sehr unterschiedlichen Gründen Geister beschworen. In Lyon, wo mit Klaus Michael Grübers «Poppea», Heiner Müllers «Tristan» und der «Elektra» von Ruth Berghaus Legendäres wiederauferstehen soll....
Sie sind der Mann für besondere Opernfälle. Wünscht man sich eine solche Position oder rutscht man da hinein?
Ich bin sehr früh mit außergewöhnlichem Repertoire in Berührung gekommen. Schon unter meinen ersten Engagements als Solist waren Uraufführungen. Doch ich sagte mir: Du musst unbedingt eine normale Mainstream-Karriere machen. Mit Festengagement und allem....
Für Susanne Elgeti streift Dieter Schnebel noch einmal den Talar über, richtet das geteilte Beffchen des reformierten Protestanten, hebt die Arme und spricht den Segen für eine imaginäre Gemeinde. Die Kirche ist leer, der Atem geht schwer. Vom «Friede Gottes» hören jetzt nur die Regisseurin und ihr Team. Gut so?, fragt der Blick des Pfarrers a. D. Der «Friede...
