Die Diva als Appetizer
Die Frau ist zum Dahinschmelzen. Und für rund zwanzig Dollar zu haben. Umhüllt von dunkler Schokolade, mit gehackten Haselnüssen und Amarettokeksen in Clementinensauce. «La Diva Renée» gibt's im New Yorker Nobelrestaurant «Daniel» auf der 65. Straße. Das heißt: Es gab sie, damals, im Jahr 2000, als Renée Fleming in aller Munde war. Jetzt setzt Star-Koch Daniel Boulud die Kalorienbombe nur noch gelegentlich aufs Menü, schließlich nutzt sich der Reiz durch übermäßigen Genuss und ständige Verfügbarkeit ab.
Nur wenige Sängerinnen der Operngeschichte haben es geschafft, als Dessert verewigt zu werden. Wollte man Flemings Bedeutung allein daran bemessen, so zählte sie zusammen mit Nellie Melba («Pfirsich Melba») zu den Größten aller Zeiten.
Reden wir nicht von Bedeutung, reden wir lieber vom Marktwert. Der ist bei Renée Fleming ungebrochen, egal, ob als Süßspeise oder in Fleisch und Blut und singend. Ihr Name allein garantiert der Met, dass alle Vorstellungen von «Rodelinda» schon lange vor der Premiere ausverkauft waren – bei Preisen bis zu 315 Dollar pro Karte. Die Met braucht Fleming, nicht umgekehrt. Denn in dem Riesenhaus bleiben immer öfter die Reihen leer, selbst bei einer ...
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Die Einführung, die kürzlich im Arthaus Verlag zu Bizets «Carmen» erschienen ist, füllt eine Lücke: Sie kombiniert einen profunden Text zu Genese, Kontext und musikalischer Struktur des Stücks (Autor: Oliver Müller) mit einer Kompletteinspielung auf DVD – die Wahl fiel auf einen Mitschnitt der Londoner Covent-Garden-Produktion von 1991 mit Maria Ewing in der...
s ist kalt in Frankfurt. Knappe zehn Minuten nur dauert der Weg vom Hauptbahnhof bis zum Schauspielhaus: weißlicher Atemhauch aus Trinkerkehlen, blinkende Sex-Shop-Leuchtschriften, misstrauisch dreinblickende Passanten und gierige Krähen, die sich um halbverzehrte Döner balgen. Gefrorene Herzen, einsames Elend der Heruntergekommenen. Und vorbeieilende Banker dazu,...
In vielen Dingen war Christian Morgenstern ein Prophet. Vor hundert Jahren dichtete er: «Die Luft war einst dem Sterben nah: ‹Hilf mir, mein himmlischer Papa!› Der Herr, sich scheuend vor Blamage, erfand für sie die Tonmassage, wobei die Luft famos gedeiht...» Die Tonmassage hat sich aber erst lange nach Morgensterns Tod auf das Prächtigste entfaltet und wird...