Der Teufel hat das letzte Wort
Grisélidis» aus dem Jahre 1901 steht im Schatten vieler bekannterer Opern aus Massenets Feder. In der Tat scheint diese «Conte lyrique», also: «lyrische Erzählung», mit ihrem ins Mittelalter projizierten Traumbild von ehelicher Treue so überzeichnet, mit der Fokussierung auf den unbedingten Gehorsam der Ehefrau so altväterisch, dass schon vergangene Generationen ihre Mühe mit dem Stoff hatten. Auf den zweiten Blick erweist sich Massenets Oper als funkelndes Juwel: ein Farbenreichtum und eine Meisterschaft der melodischen Erfindung, die «Werther» in nichts nachsteht.
In der ironischen Brechung naiver Illusionen über eheliche Treue scheinen die Abgründe der Pariser Gesellschaft der vorletzten Jahrhundertwende auf. Nicht von ungefähr hat in Massenets Einrichtung – anders als in der zehn Jahre älteren Schauspielfassung seiner Librettisten – der Teufel das letzte Wort.
Zur Uraufführung kam das Stück ein knappes halbes Jahr vor Debussys «Pelléas et Mélisande», ebenfalls an der Opéra-Comique in Paris, unter der Leitung desselben Dirigenten André Messager. Massenets Tonsprache gehört hörbar einer älteren Generation an. Doch steht sie mit ihrem Eintauchen in eine surreale Welt Debussys ...
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Opernwelt April 2025
Rubrik: Medien, Seite 32
von Anselm Gerhard
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