Der letzte Tag
Den Haag, 1966. Eben war Vincenzo Bellinis Romeo-und-Julia-Variante «I Capuleti e i Montecchi» an der Scala neu herausgekommen. Nun wurde die Aufführung zu einer Attraktion des Holland Festivals. Und das auch wegen der jungen und selbst Insider-Kreisen noch kaum bekannten Interpreten: Jaume Aragall als Romeo, Luciano Pavarotti als sein Rivale Tebaldo und am Pult ein juveniler Herr namens Claudio Abbado. Der hatte die Repertoire-Rarität auch bearbeitet. Die «männliche» Zentralpartie rutschte vom Mezzosopran- ins Tenorregister, gewiss Aragalls wegen.
Er war während der kurzen Konjunktur dieser Fassung dann auch so gut wie immer dabei. Das Bellini’sche Original erholte sich allerdings von dem Eingriff, auf den selbst sein Initiator nie mehr zurückgriff. Heute kommt niemand auf die Idee, es ihm nachzumachen, und schon gar nicht, wenn ein so blitzgescheiter und brillant argumentierender Regisseur wie Christof Loy das szenische Sagen hat. Im Zürcher Opernhaus-Magazin und im Programmbuch gibt er zu bedenken, dass «der» Einzige, den Giulietta an sich heranlässt, ein Mann ist, der von einer Frau verkörpert wird – ein Changieren der Geschlechter, das weit über den kompositorischen Kunstgriff ...
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Opernwelt August 2015
Rubrik: Im Focus, Seite 6
von Heinz W. Koch
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Faust, ein Wrack. So drastisch-desolat Philipp Stölzl den alten Goethe-Zweifler auch hängen lässt – an den Rollstuhl gefesselt, verfangen in Tröpfen, Kanülen und Kathetern –, so konventionell verfährt er bei der Neuerarbeitung seiner Gounod-Inszenierung aus Basel (siehe OW 5/2008). Zumindest für hauptstädtische Verhältnisse. Emblematisch, also von Schlüsselbildern...
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