Der Geist der Utopie
Waltet hier Gottes Zorn? Tatsache ist: Der finale Sturm fegt den Erzvater samt seinen beiden Erben auseinander und zwingt sie, einen Unterschlupf vor der aufbrausenden Naturgewalt zu finden. Wie gut, dass der Alte den jungen Leuten zuvor seinen stattlichen Landbesitz vermacht hatte, damit dort die Versöhnung von Palästinensern und Juden gedeihen möge. Was aber letztlich daraus wird, bleibt offen.
Denn obwohl die jüdische Agrarwissenschaftlerin Ruth, die gerade ihren Wehrdienst ableistet, und der palästinensische Archäologe Mohammed viel füreinander empfinden, drohen die zerstörerischen Kräfte der da wie dort waltenden religiösen, politischen Vorurteile immer wieder die Oberhand zu gewinnen.
Cristian Carrara und sein Librettist Sandro Cappelletto blenden in «Voix d’Hebron» diese Gefahr nicht aus. Doch beschwört ihre 70-minütige, jetzt in Metz aus der Taufe gehobene Kammeroper gegen alle realpolitischen Einwände dennoch den Geist der Utopie. Und just von der geteilten Stadt Hebron aus soll dieser wirken. Zwar zeichnet sich dort all das, was Juden und Palästinenser trennt, oft noch schmerzlicher, schärfer ab als anderswo. Vereint aber sind die Feinde in ihrer Verehrung Abrahams; ...
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Opernwelt März 2024
Rubrik: Panorama, Seite 52
von Michael Kaminski
Selbst gewiefte Kenner der «Winterreise» dürften Schuberts Liedzyklus wohl noch nie so abgrundtief pessimistisch erlebt haben wie in der Neuaufnahme des französischen Tenors Cyrille Dubois. Am Ende seiner Tour d’horizon durch das eigene Ich erwartet den Protagonisten dieser «schauerlichen» Lieder, wie Schubert sie selbst bezeichnet haben soll, bei Dubois das blanke...
Der Dichter singt, singt in höchsten und in tiefsten Tönen, wort- wie bildmächtig, am Rande des Erlaubten und in einem Rhythmus, der per se alle Bedenken, sollten sie überhaupt bestehen, vom Tische fegt. «O seiden Härelein! O Rosen Wängelein! Corallen Lippelein! O Perlen Zänelein! O Honig Züngelein! O Perlemutter Oehrelein! O helffenbeinen Hälßelein! O Pomerantzen...
Vor dem zweiten Aufzug informiert eine Einblendung darüber, dass den an dieser Produktion beteiligten Tieren kein Leid zugefügt wurde. Das lässt hoffen, den Pferden der Walküren sei nicht zuvor für sie präpariertes Valium verabreicht worden. Seelenruhig stehen sie mitten im allgemein aufgekratzten «Hojotoho!», trappeln gemächlich mal nach links, mal nach rechts und...