Das Leid mit dem Lied
Das Lied leidet. Das ist nicht schlimm. Oder jedenfalls schadet es ihm nichts. Von Anbeginn war das Lied ein Zufluchtsort fürs Leid. Schlimm ist, dass sich kaum noch jemand fürs Lied interessiert. Vielleicht, weil sich kaum noch jemand fürs Leid interessiert. Nur, warum sind dann gefühlte 99 Prozent der sogenannten Pop-Musik gesungene, oft liedhafte Musik, warum singt zum Beispiel Gordon Matthew Thomas Sumner (Sting) ebenso berufen wie profitabel nicht nur, aber doch auch vom Leid? Was machen wir falsch? Schuberts Lieder sind ja nicht schlechter... Nur eben denkmalgeschützt.
Das (Kunst-)Lied steht vor dem Totalverlust seiner lebenswirklichen Relevanz. Wir sind dem Lied abhanden gekommen. Uns ist es nice to have, ihm sind wir gestorben. Wollen wir es wiedergewinnen und uns für seine Botschaft neu interessieren? Dann sollten wir aus dem Traum von Funktionalität und Machbarkeit recht bald erwachen, uns neu erfinden und wachsen – am Leid wie am Lied. Damit unser Leben uns zum Lied werden kann, so herzlich und aufrichtig.
Dann werden Sängerinnen und Sänger uns nicht länger glauben machen wollen, sie erlebten und fühlten Gretchens düsteres Entzücken oder das schmerzliche Unvermögen des ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Opernwelt April 2015
Rubrik: Impromptu, Seite 46
von Michael Gees
Politisches Musiktheater – was heißt das heute? Mit welchen Mitteln müssten, sollten, könnten Komponisten und Interpreten arbeiten, um aufzurütteln, Geist und Sinne zu sensibilisieren für das wunde Wunder unserer Welt? Gewiss, Oper war schon immer politisch: Macht und Revolte, die Dialektik von Herr und Knecht, die Utopie eines erfüllten, von aller Not befreiten...
Geheime Gärten
Ein «Sunken Garden» bei Michel van der Aa, der Nicht-Ort zwischen Leben und Tod in Glucks «Orfeo», die Kunstinsel Elysium in Schrekers «Die Gezeichneten» – das Opernfestival in Lyon ist eine Reise in verrätselte Reiche.
Maskerad’
Octavian war einst ihre Paradepartie, heute führt Brigitte Fassbaender beim «Rosenkavalier» Regie. Wie jetzt in Baden-Baden...
An vier Abenden und vier verschiedenen Orten spielte das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg im September 2012 «Moses und Aron»: in der Berliner Philharmonie, im Kultur- und Kongresshaus Luzern, «zu Hause» im Konzerthaus Freiburg, schließlich im Palais de la Musique et des Congres Strasbourg. Die von Sylvain Cambreling, dem langjährigen Chefdirigenten...