Boulevard habitude
«Manon Lescaut» stand lange Zeit im Schatten der unverwüstlichen Schlachtrösser aus Puccinis Werkstatt. Das hat sich in den letzten Jahren geändert, wie zahlreiche ambitionierte Produktionen zeigten. In Italien gab es im März «Manon Lescaut» gleich in vier verschiedenen Inszenierungen – Gelegenheit für eine Momentaufnahme.
Zunächst scheinen die Produktionen kaum vergleichbar, zu groß sind die (vor allem finanziellen) Unterschiede zwischen einem Teatro Regio in Turin und zweitrangigen Bühnen.
In Zeiten des Rotstifts wagte allein das kleine Livorno eine echte Neuproduktion, in bewährter Kooperation mit Pisa und Rovigo. In Bari wollte man zunächst eine Inszenierung Pier Francesco Maestrinis aus dem fernen 1979 übernehmen, die dann in Catania zu sehen war (aber nicht besucht wurde). Stattdessen gab es eine erst zwölf Jahre alte Produktion aus Parma. In Turin hingegen firmierte Vittorio Borelli als neuer Regisseur. Im unveränderten Bühnenbild und mit den Kostümen aus der letzten Turiner Produktion von 2006 waren seine Gestaltungsmöglichkeiten freilich überschaubar.
Finanzielle Zwänge akzentuieren so ein grundsätzliches Desinteresse am Theatralischen. Denn selbst dort, wo die Regie ...
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Opernwelt Mai 2017
Rubrik: Magazin, Seite 80
von Anselm Gerhard
Die leere, mit Holzplanken ausgelegte Bühne ragt bis in den Zuschauerraum hinein, das brutal-schöne Bild eines im Wasser liegenden, nur mit einem Slip bekleideten toten Mädchens wird projiziert. In pausenlosen 100 Minuten werden wir zu Augen- und Ohrenzeugen des Menschenschlachthauses, das Aischylos, der älteste der griechischen Tragiker, vor zweieinhalb...
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