Blinde Flecken
Gletscher? War da mal was? Richtig, das waren diese majestätischen Eisgebilde, die Berglandschaften spektakulären Glanz verliehen, bevor die Menschheit begann, immer mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre zu feuern. In den 1920er-Jahren waren sie noch weitgehend intakt, ein vertrauter Anblick, so dass Ernst Křenek für seine Oper «Jonny spielt auf» einen Gletscher als Schauplatz wählte. Eine der Hauptfiguren, der Komponist Max, zieht sich auf der Suche nach Inspiration ins Eis zurück.
Am Prager Nationaltheater zeigt uns Regisseur David Drábek nun, dass dieser magische Blick auf die Natur nicht mehr existiert, dass ihn längst die Logik kommerzieller Verwertung verdrängt hat. Also sehen wir auf der Bühne topografische Karten, wie man sie aus Skigebieten kennt, mit Liften und Pisten, die die weißen Panoramen wie Tumore überziehen. Um einen Rest Naturmystik im ersten Bild zu bewahren, lässt Drábek Zwerge und Tiere tanzen, während Max sich in die Sängerin Anita verliebt. Sie ist freilich keine Seelenverwandte des Romantikers, sondern Protagonistin einer die Natur als Ressource, sprich: als Erholungsraum nutzenden Moderne: Sie hat sich nur vom nahegelegenen Hotel ins Eis verlaufen.
In den ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
- Alle Opernwelt-Artikel online lesen
- Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen
Opernwelt März 2019
Rubrik: Panorama, Seite 45
von Udo Badelt
Es war ein mutiger, gewiss auch überambitionierter, weil szenisch nicht bewältigter Abend, an dem sich Demis Volpi in Saarbrücken mit dem finstersten aller griechischen Mythen auseinandersetzte – mit Medea, die zugleich Liebende und Rächende, Opfer und Täterin ist. Multiperspektivisch, aber unverbunden nebeneinandergestellt, konfrontiert er den...
Herr Pishkar, wie kommt man als Jugendlicher in Teheran zum Berufswunsch Dirigent?
Man hat nur dieses eine Leben. Es anders zu verwenden als zum Dirigieren, würde mir sinnlos erscheinen. Die Ausbildung in Persien war vielfältig. Wir haben zum Beispiel verschiedene Harmonielehren studiert. Aber als ich sagte, ich möchte Dirigent werden, gab es viele skeptische...
Verdis Opern aus den von ihm selbst so genannten «Galeerenjahren», geprägt von einem patriotischen, oft kriegerischen Duktus, stellen für das heutige Musiktheater eine große Herausforderung dar, zumal in szenischer Hinsicht. Auch in Italien suchen immer mehr Regisseure Antworten jenseits illustrativer Arrangements. Drei neuere, auf DVD dokumentierte Arbeiten legen...
