Berührend tiefenscharf
Wie das neonleuchtende Logo einer Konzernzentrale prangt das «W» an jenem die Rückwand der Bühne bildenden Gerüst, von dem der aus der Handlung abgetretene, nunmehr stumme Wotan-Wanderer die Vollendung seiner Götterdämmerung distanziert, resigniert und doch interessiert betrachtet. Der Buchstabe war das Signet der vorangegangenen drei Teile der Tetralogie.
Er deutet vielsagend und nun immer mehr verblichen auf Walhall, Wotan und Walküre hin, womöglich auch auf den Werkschöpfer Wagner selbst – oder doch gleich auf die Welt, die im alten Recht der Göttersippe gänzlich abgewirtschaftet hat.
Fraglos ein Welttheater haben die Kasseler «Ring»-Schmiede um den genialischen Generalmusikdirektor Francesco Angelico und Markus Dietz, den klugen, die Musik zu Rate ziehenden Oberspielleiter der Schauspielsparte, gewagt. Wobei ihnen etwas Seltenes gelingt. Sie arbeiten einerseits mit klaren, die vier «Ring»-Abende überwölbenden Zeichen, die dem Publikum als szenische Leitmotive zu visuellen Gefühlswegweisern werden wie die semantisierte Sinnlichkeit der musikalischen «Garderoben-Nummern» (Igor Strawinsky). Und sie konkretisieren in ihrem unaufgeregt genauen, theaterprallen Erzählstil ...
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Opernwelt Mai 2020
Rubrik: Im Focus, Seite 10
von Peter Krause
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