Aushalten, Haushalten, Durchhalten
Herr Holender, Sie haben einmal gesagt, Operndirektor sei kein Beruf, sondern eine Situation, in die man gerät. Ist ein Operndirektor jemand, der nicht weiß, welchen Beruf er verfehlt hat?
In gewissem Sinn schon. Denn man kann diesen Beruf nirgends lernen. Wer wird denn Operndirektor? Da sind einmal die Sänger am Ende einer Karriere, weil sie sich auskennen im Theaterbetrieb. Aber gelernt haben sie das Singen – und nicht, wie man so einen Betrieb führt. Dann sind es berühmte Dirigenten, was hier in Wien lange Zeit Gültigkeit hatte, denken Sie an Mahler, Böhm, Karajan, Maazel.
Aber auch sie haben in erster Linie gelernt, zu dirigieren und nicht ein Haus zu führen. Komponisten wurden ebenfalls herangezogen, und – was beinahe das Schlimmste ist – Regisseure, die dann viel am eigenen Haus inszenieren. Noch schlimmer ist der in jüngster Zeit sich nicht nur in Amerika, sondern mehr und mehr auch in Europa häufende Brauch, Menschen zu Operndirektoren zu berufen, weil sie gute wirtschaftliche Beziehungen haben und zusätzliches Geld lukrieren können.
Vor Ihrem Eintritt in die Direktion der Staats- und Volksoper waren Sie einflussreicher Sängeragent. In manchen Zeitungsartikeln nannte man ...
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