Aus der Pralinenschachtel
Eine besondere Kuriosität der Operngeschichte wurde vor drei Jahren in Bad Wildbad zur ersten öffentlichen Aufführung gebracht: Giovanni Pacinis Version des «Don Giovanni», die er 1832 für eine Privatvorstellung in Viareggio komponierte. Die Rollen sangen Mitglieder seiner Familie und er selbst; ein Kammerorchester aus Streichern und zwei Flöten sorgte für die Begleitung.
Die Handlung des Stücks folgt über weite Strecken dem Libretto Lorenzo da Pontes, aus dem Pacinis Textdichter Gaetano Barbieri viele Formulierungen wörtlich übernimmt.
Allerdings sind die dramatischen Gewichte hier anders verteilt. Donna Anna und ihr Bräutigam treten in den Hintergrund, Donna Elvira ist ganz gestrichen und geht, wo es nötig ist, im Part der Zerlina auf, die hier zur weiblichen Hauptfigur wird. Sie ist die Adressatin der Registerarie wie des Ständchens von Don Giovanni, darf dann mit Masetto ein ausgedehntes Versöhnungs- und Liebesduett singen und wendet sich kurz vor dem Finale ans Publikum: «Und wenn nun Don Giovanni zurückkäme? Was geschähe dann? Seien wir realistisch. Schließlich bin ich eine Frau.» Worauf ein kesser Bolero folgt. Don Giovanni, der hier Tenor singt, ist im Übrigen ein harmloser ...
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