Aus dem Leben eines Taugenichts
Sie haben bestimmt immer gedacht, nach dem letzten Es-Dur-Akkord der «Zauberflöte» sei für Tamino endlich Schluss mit den Prüfungen, oder? Falsch. Die schlimmste kommt erst, wenn die Premiere schon vorbei ist: die Partyprobe.
Was denn, mögen Sie sich fragen, ist doch nett, so eine Fete! Knabbereien und Prosecco für lau, Glückwünsche von allen Seiten, die Chance, nach wochenlanger Knochenarbeit endlich runterzukommen und mit den Kollegen zu feiern, dass man’s geschafft hat. Herrlich.
Aber mal ehrlich, so läuft das nicht, jedenfalls nicht, wenn Sie kein Star sind. Vielleicht viel später, in der Kantine. Aber der offizielle Teil? Während sich all die Zuschauer, Journalisten, Agenten und Ehrengäste schon versammeln, müssen Sie sich aus dem Kostüm schälen, die Theaterschminke vom Gesicht schrubben und etwas Ordentliches anziehen. Das kann dauern. Wenn Sie endlich wieder aussehen wie ein halbwegs normaler Mensch und ins Foyer kommen, sind Sie zwar froh, dass alles vorbei ist, aber auch müde, hungrig und erschöpft. Keine ideale Verfassung, um sich in einem Meer Wildfremder über Wasser zu halten. Sogleich stellen Sie wieder einmal fest, dass die hors d’œuvres längst von anderen verspeist, ...
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Opernwelt Mai 2015
Rubrik: Magazin, Seite 79
von Christopher Gillett
Die Liebe verleiht nicht immer Flügel. Eine einzige Feder, am Ende gerötet, schwebt über dem Dichter, der, über einen Tisch gebeugt, um Worte ringt. Und auch später spickt er damit entweder sein Alter Ego oder den Bühnenboden, statt schrittweise den eigenen Sehnsüchten zu folgen. Nicht umsonst zeigt ihn Daniela Kurz am Landestheater Linz von Anfang an in zwiefacher...
Wenn man den Zuschauerraum betritt, liegt die Bühne bereits offen da. Hinten, vor der Brandmauer, ist das Orchester platziert. Am rechten Bühnenrand vier Straßenlaternen, quer über den Raum leuchtende Hochspannungsdrähte. Links auf der Vorderbühne erhebt sich eine als Spielpodium benutzte Fußgängerüberführung. Der Orchestergraben ist mit schwarzen Müllsäcken...
Auf der Webseite der Amsterdamer Oper verspricht der PR-Trailer für «Macbeth» ein grausames, blutiges Spektakel. Tatsächlich aber fließt auf der großen Bühne am Waterlooplein in Andrea Breths Deutung von Verdis furioser Shakespeare-Adaption nicht ein einziger Tropfen Theaterblut – das Bestialische des Mordreigens wird in Amsterdam systematisch ausgeblendet....
