Assoziative Reize
Zum Saisonstart herrscht im öffentlichen Leben Amsterdams, obwohl die Touristenmassen der Vor-Pandemie-Zeit (zum Glück) noch nicht zurückgekehrt sind, weitgehend Normalität. Restaurants und Kneipen, Blumenmarkt und die einladenden Plätze der Grachtenstadt sind trotzdem gut gefüllt, während die Kulturinstitutionen sich nach wie vor vergleichsweise strengen Einschränkungen beugen müssen.
In weiser Vorahnung hat Intendantin Sophie de Lint deshalb zum Auftakt der Spielzeit an der Nationale Opera zwei Abende programmiert, die den noch geltenden Abstandsregelungen genügen und ohne Pausen auskommen. Gedacht als Solitäre, waren sie an einem September-Sonntag hintereinander in einer Mittags- und Abendvorstellung zu erleben.
Es beginnt mit Barbora Horákovás szenischer Einrichtung von Joseph Haydns «Missa in tempore belli», auch «Paukenmesse» genannt, die um elektronische Zwischenspiele des Klang- und Medienkünstlers, DJs und Komponisten Janiv Oron ergänzt wird. Das schlank besetzte Nederlands Philharmonisch Orkest unter der Leitung seines neuen Chefdirigenten Lorenzo Viotti, der zugleich auch der neue Chefdirigent der Amsterdamer Nationaloper ist, sitzt auf Abstand im leicht erhöhten ...
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Opernwelt November 2021
Rubrik: Panorama, Seite 38
von Regine Müller
Die Parolen eines sich weltgeistig-revolutionär gerierenden Polit-Messianismus haben ihre Strahlkraft schon lange verloren. So dicht liegt die Patina der aus katastrophischer Erfahrung erwachsenen Desillusionierung auf den einst mit großen Hoffnungen geladenen Losungen, dass ihre Wirksamkeit heute gegen null tendiert. Und so tief in die Schutthalden der Geschichte...
Als Giuditta Pasta 1850 in London ihre letzten Konzerte sang, war ihre Stimme, wie Henry Fothergill Chorley in seinen Erinnerungen berichtet, «in a state of utter ruin». Voller Trauer sagte Pauline Viardot: «Es ist wie das letzte Abendmahl von Leonardo da Vinci – ein Wrack von einem Bild, aber dieses Bild ist das größte Gemälde der Welt.» In Erinnerung an eine...
«Mehr, ich bitte dich, mehr! Ich kann Melancholie aus einem Liede saugen, wie ein Wiesel Eier saugt», schwärmt der Höfling Jacques in Shakespeares «Wie es euch gefällt», als sein Freund Amiens ihm im Ardennerwald singend die Zeit vertreibt. Die Airs und Chansons, die der französische Bariton Marc Mauillon auf dieser Doppel-CD auf nachgerade berückende Weise singt,...