
Julia Bullock; Foto: Promo/Brent Arnold
Apropos... Blitzstart
Frau Bullock, Sie waren bereits als Studentin mit dem Pariser Théâtre des Bouffes du Nord auf Südamerika-Tournee ...
... ja, zwei Monate. Da habe ich meine erste Pamina gesungen. In der «Zauberflöte» von Peter Brook. Ohne Orchester, ohne Chor. Nur mit Klavierbegleitung.
Zwei Jahre später, 2013, standen Sie schon auf der Bühne großer Opernhäuser – in Purcells «The Indian Queen», in Perm und Madrid. Der Abschluss an der Juilliard School lag da noch vor Ihnen.
Die «Indian Queen» habe ich indirekt Dawn Upshaw zu verdanken.
Ich lernte sie am Bard College kennen, an das ich nach dem Grundstudium an der Eastman School wechselte. Sie war dort für die Gesangsausbildung zuständig, aber nach wie vor auch als Solistin aktiv. Im Sommer 2011 stellte sie mich am Rande des Ojai Music Festivals in Kalifornien Peter Sellars vor, der dort eine szenische Aufführung von George Crumbs Song-Zyklus «Winds of Destiny» mit ihr erarbeitet hatte. Wir umarmten uns ...
... oh, die berühmte Sellars-Umarmung!
(lacht schallend) ... und ich sagte ihm, dass ich vielleicht nicht klassischen Gesang studieren würde, wenn ich als junges Mädchen nicht einige seiner Produktionen auf DVD gesehen hätte. Die Inszenierung von Händels «Theodora» für das Glyndebourne Festival zum Beispiel hat mich umgehauen. Er meinte nur, das liege weniger an ihm als an den großen Komponisten und den großartigen Frauen, mit denen er arbeiten dürfe. Wir vergossen ein paar Tränen, es war ein ganz besonderer Augenblick (lacht). Ein paar Monate später fragte Peter mich, ob ich bei «The Indian Queen» mitmachen wolle.
Wenn sich die Ereignisse überschlagen, kann das auch eine Belastung sein. Hatten Sie manchmal Angst vor der eigenen Courage?
Das nicht. Aber im Nachhinein würde ich schon sagen: Ich war auf dieses Abenteuer innerlich eigentlich noch nicht vorbereitet. Peter Sellars und Teodor Currentzis, der die Aufführungen in Perm und Madrid dirigierte, sind unglaublich fordernde Künstler. Und beide, auf sehr verschiedene Art, absolute Kontrollfreaks.
Wie sind Sie mit Currentzis zurechtgekommen?
Letztlich sehr gut. Ich hatte große Zweifel, ob ich seinen Erwartungen gerecht werden würde. Und zeitweilig hatte ich wirklich das Gefühl unterzugehen. Aber im Rückblick bin ich sehr dankbar für diese Erfahrung. Nicht nur künstlerisch habe ich eine Menge gelernt, sondern auch persönlich. Zum Beispiel Grenzen zu ziehen. Heute ist mir viel klarer, was ich selbst auf der Bühne ausdrücken möchte. Erst wenn man das weiß, entsteht Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Ich brauchte diesen Kick, um mich weiterzuentwickeln.
Und von Purcell zu Strawinsky, von Doña Luisa zu Anne Trulove war es dann nur noch ein Katzensprung?
(lacht) Nein, nein. «The Rake’s Progress» hatte ich überhaupt nicht auf dem Schirm. Meine Priorität war das Artist Diploma an der Juilliard School. Und dann habe ich meinen ersten Liederabend konzipiert, mit Liedern von Rossini bis Messiaen und Berio, einem Zyklus des amerikanischen Komponisten David Hertzberg und den Josephine Baker Songs, in Arrangements von Jeremy Siskind. Im Februar und März 2015 war ich noch mal Doña Luisa an der English National Opera in London. Da hörte mich Bernard Foccroulle, seinerzeit Intendant des Festivals in Aix-en-Provence. Er war es, der mir ein Engagement für den «Rake» anbot. Mit dem ursprünglich vorgesehenen Dirigenten Esa-Pekka Salonen war ein Vorsingen an Juilliard vereinbart, das aber nach fünf Minuten beendet war, weil ich eine schwere Bonchitis hatte. Er hat mich trotzdem genommen. So bin ich an Strawinsky gekommen (lacht).
Warum so wenig Mozart, Belcanto? Da gibt es doch etliche Partien für Sie.
Gute Frage. Mir sind immer so viele andere Angebote dazwischen gekommen (lacht). Im Ernst: Ich würde liebend gern mehr Mozart singen. Und Bellini. Vielleicht kommt das ja bald.

Opernwelt Februar 2018
Rubrik: Magazin, Seite 79
von Albrecht Thiemann
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