Angst, Schwäche, Glaubensfreude

München: Bayerische Staatsoper: Poulenc: Dialogues des Carmélites

Opernwelt - Logo

«Verfluchte Körper, Gerettete Seelen» weht auf der Spielplanflagge, unter der Nikolaus Bachler die Bayerische Staatsoper in dieser Saison verrucht-schön segeln lässt.

Die geschmeidige Höllenmetaphysik gilt für Mozart und Puccini, und sie soll das Publikum auch dann berühren, wenn es eine sperrige Novität oder eine fromme Bizarrerie erlebt – nach Peter Eötvös’ «Tragödie des Teufels» nun Francis Poulencs in der Französischen Revolution ansässige «Dialogues des Carmélites», die erzkatholische Oper nach Georges Bernanos’ Drama und Gertrud von Le Forts Novelle, komponiert 1957 für die Mailänder Scala. Das Stück, das keine Liebesgeschichte und kein Happy End kennt, am Ende nur den Tod einer Nonnenschar auf dem Schafott, wird hier als Glanzstück einer von der Avantgarde unbehelligten Moderne, als eine Art Fortsetzung von Debussys feinfühlig abgründigem «Pelléas» aufgeführt.

Anders als am Theater Basel, wo vor einem Jahr Benedikt von Peter Poulencs Werk als ein dramaturgisch hochkomplexes Musiktheater gezeigt hatte (siehe OW 5/2009), stellt sich in der Regie Dmitri Tcherniakovs die Handlung in holzschnitthafter Einfachheit dar – nicht gottesfürchtiges Ritual von Nonnen, sondern ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Opernwelt? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Opernwelt-Artikel online lesen
  • Zugang zur Opernwelt-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Opernwelt

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Opernwelt Mai 2010
Rubrik: Panorama, Seite 44
von Wolfgang Schreiber

Vergriffen
Weitere Beiträge
Verloren im Puppenwald

Es gehört Mut dazu, eine Opernproduktion schon nach der ersten Bühnenprobe abzublasen, weil sich abzeichnet, dass das Konzept nicht trägt und überladen ist. So geschehen im letzten Herbst in Duisburg. Intendant Christoph Meyer hatte einen Stopp verordnet, weil David Hermanns Arbeit an Verdis «Rigoletto» zu viele offene Baustellen enthielt. Zu einer solchen Absage...

Glasperlenspiel

Den 1981 veröffentlichten Roman «Bliss» von Peter Carey für das Musiktheater heranzuziehen, ist eine erstaunliche Wahl. Ein disparates, solipsistisches Prosawerk, das für die Bühne ungeeignet scheint. Man spürt die Problematik, wenn man Amanda Holdens Libretto liest. Struktur und Stil eines Textes tragen nicht unwesentlich zum Gelingen (oder Scheitern) der auf eben...

Espressivo

Die Problemgeschichte eines Werkes ist manchmal ebenso hartnäckig wie der Wunsch nach einer glatten dramaturgischen Lösung. Glucks «Orpheus» ist dafür ein besonders eindringliches Beispiel: ausgehend von der Wiener Fassung 1762 über die Parma-Version von 1769, bei der die Altkastraten-Partie durch einen Soprankastraten ersetzt wurde, bis hin zur Pariser Fassung von...