Ach, die alten Zeiten

Christian Thielemann und Vincent Boussard servieren Verdis «Otello» in Salzburg hochkulinarisch. Festspielwürdig ist die Produktion nur in Teilen

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Und so werden sie sich in der kommenden Saison alle ums wärmende Feuer der Vergangenheit versammeln. Oder ist es doch mehr eine Séance? Wenn, dann werden jedenfalls aus sehr unterschied­lichen Gründen Geister beschworen. In Lyon, wo mit Klaus Michael Grübers «Poppea», Heiner Müllers «Tristan» und der «Elektra» von Ruth Berghaus Legendäres wiederauferstehen soll. Und in Salzburg, wo 2017 noch einmal, ein letztes Mal, der Blick auf die monumentale Bildweltdüsternis von Günther Schneider-Siemssen erlaubt sein darf. Die Suche nach dem Mythos eint beide Projekte.

Im Falle Salzburg ist es sogar ein Gründungsmythos: 1967 begann Herbert von Karajan mit den Osterfestspielen und einer «Walküre» sein hyperexklusives Privatfestival, eine Art Bayreuth der Berge – nur, dass hier der Interpret ­Anlass und Quelle des Kultes war.

Schneider-Siemssen, Haus- und Hofbühnenbildner von Salzburgs weltlichem Fürsterzbischof, schuf ihm zum ersten Teil von Wagners «Ring» eine angemessen sagenhafte Szenerie, die zum 50. Geburtstag des Festivals der nachgeborene Kollege Jens Kilian rekonstruieren soll. Eine große Retro-Fete soll da steigen mit Anja Kampe (Brünnhilde), Anja Harteros (Sieglinde), Peter Seiffert ...

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Opernwelt Mai 2016
Rubrik: Im Focus, Seite 8
von Markus Thiel

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