Abgesang

Das Kunstfest Weimar verliert seinen Chef. Warum das zu bedauern ist, zeigt die letzte, von ihm verantwortete Ausgabe

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Das Kunstfest Weimar hat sich unter der Leitung von Rolf C. Hemke seit 2019 zu einem gesellschaftspolitischen Seismographen entwickelt. Während des Festivals für zeitgenössische Kunst schlägt das imaginäre Messinstrument angesichts der empathisch durchreflektierten, prozesshaften Programmpunkte drei Wochen lang weit aus. Hemke wird Weimar allerdings aufgrund ausbleibender Vertragsverlängerung verlassen, um sein Glück als Intendant des Theaters Vorpommern zu versuchen.

In seiner letzten Ausgabe baute er das Programmkonzept mit den für ihn dringlichen Kunstformen Doku-Oper, politisches Schauspiel, vielfältige Partizipation von teilweise exotischem Ausmaß – etwa mit einem indigenen taiwanesischen, ritualhaft-akrobatischen Männerballett oder einer multimedialen «Faust»-Deutung aus Südafrika –konsequent aus. Diese Diskursivität war Hemkes Bindeglied, um den Spagat zwischen dem komplexen kulturgeschichtlichen Erbe der Weimarer Klassik und der geforderten Erinnerungskultur angesichts des nahen Konzentra -tionslagers Buchenwald ohne Verrenkungen zu schaffen. Das gelang ihm.

Unter seiner Leitung mauserte sich das Kunstfest auch zu einem veritablen Ort gegenwärtigen Musiktheaters. Damit hat ...

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Opernwelt November 2025
Rubrik: Magazin, Seite 78
von Achim Heidenreich

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