Ziegel, Sperrholz, Kletterrosen
Auf der Bühne kommt Sopranistin Ailish Tynan jetzt so richtig in Fahrt. Wogendes Wallekleid, vokale Sehnsuchtsseufzer. „Und ach! Sein Kuss!“, schmachtet sie gerade, da klingelt ein Handy. Die Musik bricht ab. Intendantin Wasfi Kani, am Laptop auf der Seitenbühne, blickt ärgerlich auf. Am Flügel guckt Iain Burnside erschrocken und wühlt wie wild in seinen Taschen. Tynan lacht. „Einfach gleich noch mal“, ruft die Irin, „das kriegen wir sowieso noch besser hin!“ Die Intendantin kehrt zurück zu ihren E-Mails.
Der Pianist lässt am Flügel erneut die Tongirlanden perlen, die in Schuberts „Gretchen“-Lied das kreisende Spinnrad mimen. Tynan verwandelt sich umstandslos wieder in ihre Goethe-Figur: „Meine Ruh’ ist hin, mein Herz ist schwer …“. Und der Saal? Der Saal ist leer. Ein Publikum haben die Künstler nicht. Sie sind für Filmaufnahmen im Theatre in the Woods – Grange Park Opera wird sie später im Monat im Netz herausbringen. Die beiden letzten Nummern des Recitals warten mit einem Echo der Coronakrise auf: Erst stellt sich in Muriel Herberts „Hips and Haws“ das lyrische Ich auf einen harten Winter ein, dann träumt in „Si, mi chiamano Mimì“ aus Puccinis „La Bohème“ die Protagonistin von ...
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BTR Ausgabe 1 2021
Rubrik: Bau und Betrieb, Seite 58
von Wiebke Roloff Halsey
Im Feuer geboren Asphaleia – eine Bühne, die eine neue Epoche begründete
von Miklós Borsa und Iván Szabó-Jilek 232 Seiten, 288 Abbildungen, DIN A4; Ungarisch mit deutschsprachiger und englischsprachiger Zusammenfassung. Eigenverlag, Budapest 2020 EUR 141,00 (plus Versand)
Anfang der 1880er-Jahre entstand unter dem Eindruck der damaligen großen Theaterbrände von...
Der schönste Blick auf das Humboldt Forum bietet sich von der Schloßbrücke aus. Wie frisch gebacken strahlt seine barocke Fassade, die Nachmittagssonne kitzelt noch die feinsten Reliefs und Ornamente in ihrem warmen Lichtund Schattenspiel heraus. Über dem auskragenden Portal, das die breite Front entlang des Spreekanals symmetrisch teilt, ragt die kupferne Kuppel...
Die Theater- und Opernhäuser sind seit Anfang November erneut geschlossen, auch wenn geprobt, in Werkstätten weiter produziert wird. Aber wann sich wieder der Vorhang öffnet, Konzerte und Inszenierungen stattfinden werden, ist auch jetzt bei Redaktionsschluss – Ende Januar – noch nicht abzusehen. Ein On-Off-Betrieb wäre für die Häuser organisatorisch kaum möglich,...
