Interaktion ist oberstes Gebot

machina eX gehört zu den Pionieren des Theaters, die sich intensiv mit Digitalität beschäftigen. Die siebenköpfige Gruppe arbeitet seit zehn Jahren in der Entwicklung von interaktivem Game-Theater, ihr Gründungsprinzip ist die Theatralität der Mischformen. Das neue Spiel „Lockdown“ entstand spontan und passend zum Stillstand in der Corona-Pandemie: Die Fiktion wurde zur aktuellen Realität und zeigt, wie auch im Ausnahmezustand ein Zusammensein möglich sein kann.

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Die Vorstellung beginnt um kurz nach 19 Uhr. Eine normale Theater-Anfangszeit. Aber das Geschehen spielt sich nicht auf einer Bühne ab, sondern auf meinem Handybildschirm. In meinem Telegram-Messenger bin ich plötzlich Mitglied einer WG-Gruppe, und Chris erkundigt sich, wie es uns geht – mir und meinen Mitbewohnerinnen Christi und Susanne. „Muss ja“, schreibt Susanne, wir schicken ein paar Emojis hin und her und haben uns schnell in unserer virtuellen WG eingerichtet.

Aber Chris hat ein Problem: Unsere fünfte Mitbewohnerin Tess, die im Corona-Lockdown als Einzige noch mit ihm in der WG ausharrt und als Fahrradkurierin arbeitet, ist „verschwunden“: Tess ist mittags zur Arbeit aufgebrochen, ist immer noch nicht wieder zu Hause und telefonisch nicht erreichbar, wie uns Chris in einer aufgeregten Sprachnachricht mitteilt. Er bittet uns um Hilfe, denn er hat gleich noch eine Videokonferenz und kann sich erst später wieder kümmern.

 

Wild durcheinander chattend machen wir uns gemeinschaftlich an die Arbeit. Chris hat uns den Link zur Webseite des Kurierdienstes, wo Tess arbeitet, geschickt – „Nummer müsste auf der Homepage stehen“. Ich rufe die Nummer an und habe einen aufgebrachten ...

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BTR Ausgabe 3 2020
Rubrik: Thema: Kultur digital, Seite 24
von Sophie Diesselhorst

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