Schöpferische Zerstörung?

Thomas Melle «Die Bakchen»

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Nein, Joseph Schumpeters affirmative Theorie vom Wirken der disruptiven Kräfte im Kapitalismus steht nicht im Zentrum von Thomas Melles Überschreibung und Neudichtung der «Bakchen» nach dem Urmuster von Euripides. Dennoch kann diese mitgedacht werden, wenn der Autor befragt, was das Dionysische sein und wofür es heute stehen könnte. Und natürlich kommt auch diese Neufassung des einzig überlieferten antiken Dramas, in dem der Gott des Theatralen selbst in Erscheinung tritt, nicht ohne einen Bezug auf Nietzsches Deutung des Dionysischen aus. Diese hat im 20.

Jahrhundert ihren Widerhall gefunden in Inszenierungen, die das ekstatische Sein als Befreiung von der Herrschaft instrumenteller Vernunft feierten und nicht zufällig mit den politischen Bewegungen um 1968 zusammenfielen. Signifikant waren hier vor allem Richard Schechners «Dionysus in 69» in New York und Klaus-Michael Grübers Inszenierung an der Berliner Schaubühne 1974.

Für Thomas Melle ist Dionysos wieder und erneut eine ambivalente, düstere Erscheinung. In seinem Text erscheint diese zunächst nur angedeutet in Form anonymer Stimmen, die von einer mo -dernen Stadtbevölkerung abgelauscht scheinen. Die Ahnung, dass eine ...

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Theater heute Jahrbuch 2025
Rubrik: Neue Stücke, Seite 159
von Jörg Bochow

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