Nichts Besseres als der Tod

Dea Loher «Unschuld», Sarah Kane «4.48 Psychose»

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Der traurigste Satz in Dea Lohers an verzweifelten Ausrufen, hilflosem Geplapper, mutlosem Verstummen und endgültigen «letzten Worten» so reichem Stück «Unschuld» steht ganz am Ende: «Ich wäre gerne ein Rettungsschwimmer», sagt der illegale Immigrant Elisio. Aber da ist ja längst niemand mehr da, der sich wirklich helfen lassen würde: All die seltsamen Wesen in der fremden Welt, denen er begegnet ist oder die am Rand seiner wackligen Existenz ihre eigene über allerletzte Runden bringen wollten, haben mit dem Leben und mit der Hoffnung abgeschlossen.

Fadoul muss selbst das blinde Mädchen Absolut, das sich doch noch gegen das Sehen entschieden hat, ziehen lassen, zurück in die Bar «Zum Blauen Planeten», wo sie wieder begafft werden wird als groteske Stripperin mit den toten Augen. Und die rätselhafte Rothaarige, mit deren Freitod Elisios Zweifel an der neuen, verheißungsvollen Wirklichkeit begannen, steht wieder am Strand, entkleidet sich langsam und geht nochmal ins Meer, das wie eine schöne, sichere Verlockung erscheint. Der Kreis der alltäglichen Hölle schließt sich – schlechte Zeiten für Hilfsbereite.

«Unschuld», wie es Georg Schmiedtleitner am Nürnberger Schauspiel inszeniert, ...

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Theater heute Juli 2005
Rubrik: Chronik, Seite 38
von Bernd Noack

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