Mensch werden
Es passiert selten, dass eine Theaterfigur sich tief einbrennt in die Erinnerung. Dass sie binnen einer Aufführung ganz und gar Mensch zu werden scheint. Ehrlich, unverstellt und durch und durch. Voller Schmerz und voller Scham und ganz ohne Kitsch. Moritz Kienemann ist das gelungen. In seiner Darstellung der, oder besser in seinem Werden zur Figur des Eugen Hinkemann in der Inszenierung von Anne Lenk am Deutschen Theater Berlin. Wie Kienemann das gelingt, ist schwer zu beschreiben.
Dieser Darsteller, der kraftvoll ist und zerbrechlich, der ein Kerl ist «wie ein Baum!», wie es in «Hinkemanns» dramatischem Vorgänger «Woyzeck» über den Tambourmajor heißt. Hinkemann, so beschreibt Ernst Toller seine titelgebende Hauptfigur, «war ein Kerl wie aus Stahl». War.
Aus dem Krieg hat er keine offensichtlichen Verletzungen mitgebracht, keine fehlenden Arme oder Beine. Mit einem Schuss in die Genitalien kehrt dieser Kerl vom Schlachtfeld zu seiner Frau Grete zurück, ohne Potenz, ohne Zeugungskraft und damit ohne Zukunftsversprechen an sie. So steht Moritz Kienemanns Hinkemann zwar mit beiden Beinen auf der Erde und mimt auf dem Jahrmarkt sogar den Inbegriff des kraftstrotzenden deutschen ...
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Theater heute Jahrbuch 2025
Rubrik: Höhepunkte der Spielzeit, Seite 14
von Katrin Ullmann
Die Bühne ist ein großes Schweigen» in Paula Kläys Stück «Gewölk». Es kann erst beginnen, wenn eine gewisse Zeit vergangen ist: «Tauben fliegen drei Mal um das Theater und dann weg.» Sind diese Tauben nur Tauben? Oder könnten es nicht doch auch Mavies Eltern sein, die, immer schweigend, zuletzt nickend, den Kopf vor- und zurückschiebend, auf einer Parkbank...
Theater heute
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