Mehr Weniger wagen
Prosperunda, die auf eine Insel verbannte Ex-Herzogin von Mailand, hasst ihren Namen und nennt sich lieber Pros. Dass man da auch «Boss» verstehen kann, ist das eine. Man fragt sich aber auch, wo liegt das Problem? Da darf einer der interessantesten Protagonisten der abendländischen Theaterliteratur endlich eine Frau sein – aber plötzlich stellt sich heraus, dass die Figur nach erfolgter Geschlechtsumwandlung ihren neuen Namen doof findet. Das halbstarke Gemotze zeigt allerdings nicht nur, dass Theaterfi -guren im Fall von übergriffigen Namensänderungen Ärger machen können.
Die dafür verantwortliche Autorin legt in ihrer Neubearbeitung von «Der Sturm» auch Wert darauf, dass die ehemaligen und aktuellen Machthaber in Shakespeares Alterswerk auch als Frau so machistisch orientiert sind, wie das ansonsten nur Männern zugeschrieben wird. Eine der Folgen: Die Inselfürstin muss damit zurecht kommen, dass ihr aus der klassischen Vorlage ein auf Buchwissen und Zauberkunst basierender Machtanspruch zuwächst, der schon sehr früh die Geisteshaltung beschrieben hat, mit der europäische Usurpatoren die Welt kolonialisierten. Mit im Spiel war auch die oberste Dienstherrin des damaligen Autors, ...
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Theater heute Februar 2025
Rubrik: Neustart Karlsruhe, Seite 40
von Jürgen Berger
Da steht er nun, die Beine breit, Gesicht zur Wand, den Hintern entblößt, und eine Geheimpolizistin scannt den sonst auf gut gepolsterte Bürostühle vertrauenden Allerwertesten des Versicherungsangestellten mit ihrem Smartphone kaltschnäuzig ab. Geht auch gleich viral, das Filmchen. Auf die Klicklust der Community ist Verlass, solange die Bilder die Basic Instincts...
New York, 1975. Die verlassenen, verfallenden Docks am Ufer des Hudson River sind schwule Cruisingzone und üben auch auf Künstlerinnen und Künstler starke Anziehungskraft aus. Mazlum Nergiz hat die Gegend zum Schauplatz seines neuen Stücks «Am Fluss» gemacht. Die urbane Flusslandschaft macht es möglich, verschiedene Themen und Zeiten zusammenzubringen. Zitat: «Wenn...
«Draußen vor der Tür» boomt auf deutschen Bühnen. Angesichts der Weltlage kein Wunder. Ein Stück, dessen Qualitäten auch im Authen -tischen liegen, weil sein Autor Wolfgang Borchert im Zweiten Weltkrieg selbst als Soldat an die Front musste, und dann 1947 seinen kriegsbedingten körperlichen Leiden 26-jährig erlag. «Draußen vor der Tür» ist das Stück eines sensiblen...
