Kleine Dramenschule

Ein Leitfaden für vielgespielte neue Stücke

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Hand aufs Herz: Darf man 162 Menschen vom Himmel schießen, um möglicherweise eine Katastrophe in der Münchner Allianz-Arena zu verhindern? Weil ein Terrorist einen Airbus gekapert hat und droht, ihn ins laufende Länderspiel zu stürzen? Nein, darf man natürlich nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat ein etwas übereifriges Gesetz der Schröder-Regierung von 2005 denn auch bald kassiert. Aber wenn man’s trotzdem tut, als ein 162 Menschenleben gegen vielleicht viel mehr Tote abwägender Bundeswehr-Pilot? Dann wartet die Polizei, und es gibt einen Prozess.

«Terror», das erste Theaterstück des Bestseller-Autors und Strafverteidigers Ferdinand von Schirach, gibt diese Gerichtsverhandlung wieder. Es referiert ausgiebig die juristischen Argumente, erläutert anhand von Zeugenaussagen die Umstände der bundesdeutschen Luftverteidigung, führt einen auskunftsfreudigen Angeklagten vor, lädt Staatsanwaltschaft und Verteidigung zu länglichen Plädoyers, erläutert nebenbei die Abläufe eines Strafprozesses und streut ein paar einschlägige Kant-Zitate und Juristenanekdoten ein. Alles schön der Reihe nach. Am Ende darf das Publikum abstimmen, ob der Angeklagte schuldig sei oder nicht. Je nach Ergebnis ...

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Theater heute November 2015
Rubrik: Foyer, Seite 1
von Franz Wille

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