Fragmentierte Intimität

Die Theater dürfen während der Corona-Pandemie ihre Bühnen nicht bespielen. Stattdessen gehen sie ins Internet. Mit gemischten Ergebnissen

Theater heute - Logo

Antú Romero Nunes’ «Ode an die Frei­heit» ist: ein Film. Eigentlich hatte das Hamburger Thalia Theater ein Mashup dreier politischer Schiller-Stücke geplant, ein Plan, den allerdings die Corona-bedingten Theaterschließungen verhindert haben. Weswegen der Regisseur die Proben kurz vor der Premiere Ende März abbricht und auf eine mehrteilige Verfilmung des Stoffs umschwenkt, die statt auf der Bühne auf der Thalia-Website zu sehen ist («Maria Stuart» und «Wilhelm Tell» sind schon fertig, «Kabale und Liebe» soll noch entstehen).

Und zum Premierenabend stellt sich tatsächlich feierliche Stimmung ein: Ein Publikum versammelt sich und sieht zum ersten Mal, wie sich Barbara Nüsse und Karin Neuhäuser als Thronkonkurrentinnen Maria Stuart und Elisabeth in die Haare kriegen. Das ist hübsch inszeniert, zunächst als Garderobengezicke zwischen zwei Theaterdiven, dann als verhältnismäßig straight erzählter Schiller. Schelmisches Tanzen zwischen Konventionen und Reflektion derselben – das beherrscht Nunes aus dem Effeff. Und am Ende gibt es sogar Applaus, von Josef Ostendorf, der alleine im Zuschauerraum sitzt, Sekt schlürft, raucht und Mails checkt.

«Maria Stuart» funktioniert also, auch weil ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Juni 2020
Rubrik: Theater im Stream, Seite 24
von Falk Schreiber

Weitere Beiträge
Bühnendämmerung

Die Theater, Konzerthäuser und Museen der Metropole, tragende Säulen ihrer in beträchtlichem Umfang vom Tourismus beflügelten wirtschaftlichen Prosperität, mussten den Spielbetrieb über Nacht auf Null herunterfahren. Die Metropolitan Opera ist bereits seit Mitte März dicht. Kurz darauf folgten die 41 Broadway-Theater, die zunächst noch versucht hatten, das Publikum...

Den Tod bescheißen

Der alte weiße, dazu noch amerikanische Mann, Hochrisiko per se, ist in diesen Zeiten der stacheligen Teilchen, die unser Leben auf nie gekannte Weise lahmlegen, noch schwerer zu ertragen als sonst. Insbesondere in Gestalt des karikaturesken Inbegriffs dieser gerne toxisch genannten Männlichkeit, die gerade Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ist. Jenes...

Die Ersten und die Letzten

Der Berliner Kultursenator machte den Bühnen kurz vor Ostern schon mal Mut: «Kulturbetriebe waren die Ersten, die schließen mussten», sagte Klaus Lederer, «und werden vermutlich die Letzten sein, die wieder öffnen.» Wie lange es tatsächlich noch dauern wird, bis Theater wieder zu einem halbwegs geregelten Spielbetrieb zurückkehren können, ist derzeit noch unklar....