Flaute am Meer
In der Not der Erfindung ist die Hoffnung das Archiv. Dort liegen die gesicherten Schätze der Vergangenheit für all jene griffbereit, die Angst haben, etwas falsch zu machen. Und das Archiv als solches ist heute so groß, tief und weltumspannend, dass der arme Künstler, der mit dem Mut den Einfall verloren hat, vielleicht sogar hoffen darf, fremde Ideen unbemerkt als seine eigenen zu verkaufen.
Im Zweifelsfall sind ja Kategorien wie «Zitat», «Vorlage», «Hommage» oder «Korrespondenz» schnell zur Hand, um plumpen Diebstahl von geistigem Eigentum mit kunsthistorischen Rechtfertigungen zu bemänteln.
Aber es gibt doch Grenzen dieses Zugriffs. Zum Beispiel, wenn man einen viel beschworenen Epochenwechsel in einem berühmten Theater mit einem Bühnenbild beginnt, das über zwei Millionen Menschen live und Millionen andere als Reproduktion bereits von seinem eigentlichen Erfinder kennen. So gesehen am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg, wo der neue Intendant Friedrich Schirmer mit der inneren Verpflichtung, sich von seinem Vorgänger Tom Stromberg sowie seinem Nachbarn Ulrich Khuon im Thalia Theater abzugrenzen, eine völlig neue Kunst-Mischung wagen will.
Doch dann stellt Etienne Pluss für die ...
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Corinna Harfouch hat bereits einige der sperrigsten Frauenfiguren gespielt, die die deutsche Geschichte hergibt: Eva Braun auf der Bühne, Magda Goebbels und Vera Brühne im Film. In Dagmar Knöpfels «Durch diese Nacht sehe ich keinen einzigen Stern» spielt sie nun zur Abwechslung eine tschechische Dichterin des 19. Jahrhunderts, aber man erkennt sofort, warum Frau...
Mit Symbolfarben ist es so eine Sache. Drei Tage vor der deutschen Hauruck-Wahl, die anschließend in Macho-Gedröhn und rechthaberischem Patt versandete, konnte man beim Betreten des Zuschauerraums in Düsseldorf für einen Moment glauben, in eine Wahlveranstaltung für die Kanzlerkandidatin der CDU geraten zu sein: Orangenes Licht ergießt sich über den Zuschauerraum,...
Es grünt, passend zum lauschigen Standort am Schlosspark neben Kastanien, Liegewiesen und Rosenrabatten. Statt Grafiker Grindlers «Roter Ecke», zwölf Jahre Signet der Intendanz von Friedrich Schirmer, ist jetzt ein sanftes Grün die Leitfarbe am Stuttgarter Schauspiel, die Komplementärfarbe, absichtslos? Auf Plakaten grüßen die Konturen einer geballten Faust. Das...