Durststrecke im Dauerregen
Zuallererst einmal hält sich Friedrich von Homburg an einer Bierflasche fest, lässt seine Lederjacke auf uns wirken und steigert sich in einen geliehenen Traum – visionäre Fließbandware von der Leinwand (Video Chris Kondek): Mal einen aus der Marlboro-Werbung gefallenen Reiter, mal ein rennendes Kleinkind, mal ein paar stummfilmbeschleunigte Kollegen in Schützengräben. Die Tonspur dazu liefern die «Böhsen Onkelz»: «Ich zeige dir, was es heißt, allein zu sein.»
Tatsächlich wirkt der Prinz wie der letzte verbliebene Besucher eines ungemütlichen Freilichtkinos.
Kein Wunder: Es regnet in Strömen. Zwei Stunden später wird ihm und seiner gesamten Entourage das Wasser rinnsalartig von den Klamotten laufen. Denn Armin Petras – der Romantiker, der das Theater sonst gern mal auf sein anarchisches Kindergeburtstagspotenzial abklopft – spült hier in einem zweistündigen Dauerregen jeglichen Romantizismus von der Bühne.
Natürlich ist er bei weitem nicht der erste Regisseur, der im schlafwandelnden Reiterei-General vorwiegend pessimistisches Potenzial entdeckt. Doch Homburg, der derart felsenfest einen Lorbeerkranz und zudem ein Verhältnis mit der Prinzessin Natalie von Oranien ...
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