«Du wirst nicht davonkommen»

Pessimistische Weltbetrachtungen am Deutschen Schauspielhaus Hamburg: Katie Mitchell inszeniert Alice Birchs Lorca-Überschreibung «Bernarda Albas Haus», András Dömötör Péter Nádas’ «Der eigene Tod»

Theater heute - Logo

Bernarda Alba oder ein Puppenheim. Alex Eales hat eine Puppenstube an die Bühnenrampe des Hamburger Schauspielhauses gestellt: einen schmucklosen Flachbau, dem an der Rampenseite die Mauer fehlt. Man blickt direkt in die Zimmer der Familie Alba, kleine Kammern, in denen die fünf Töchter sowie die demente Großmutter leben; man könnte hineingreifen, und die Figuren hin- und herschieben. Wer schiebt, ist aber ausschließlich Mutter Bernarda.

Sie schikaniert ihre Töchter, isoliert sie von der Außenwelt, manchmal ist sie traurig, manchmal hilflos, manchmal überfordert von der Aufgabe, die auseinanderfallende Familie zusammen -zuhalten. Und dann kompensiert sie diese Überforderung mit nackter Bösartigkeit. Bis zur Katastrophe.

Alice Birch hat Federico Garcia Lorcas 1936 entstandenes Drama «Bernarda Albas Haus» überschrieben, ohne die Handlung nennenswert zu verändern. Die Sprache ist (zumindest in Ulrike Syhas Übersetzung) in die Gegenwart transformiert, was vor allem heißt, dass sie massiv vergröbert wurde. Ständig brechen Kraft -ausdrücke in die Handlung ein, als Entlastung, die einem Tourette-beeinflussten Sprachausbruch gleicht. Der kürzlich verstorbene Vater hat ein «scheißtotes ...

Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo

Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein
  • Alle Theater-heute-Artikel online lesen
  • Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
  • Lesegenuss auf allen Endgeräten
  • Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute

Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Digital-Abo testen

Theater heute Januar 2025
Rubrik: Aufführungen, Seite 13
von Falk Schreiber

Weitere Beiträge
Der künstlerische Widerstand

Die Kultur ist der Bereich, in dem die neue, ultrarechte Politik des slowakischen Premierministers Robert Fico die «größten Erfolge» erzielt. Die Kulturministerin Martina Šimkovicová, eine ehemalige Journalistin, die wegen ihrer homophoben und einwanderungsfeindlichen Äußerungen vom Privatfernsehsender Markíza entlassen wurde, erntet die Lorbeeren für diese...

Zu viel Herz

Die Aufführung ist erst wenige Minuten alt, als auf der Bühne jemand ein paar grundsätzliche Fragen stellt, die man im Zuschauerraum zu diesem Zeitpunkt ganz gut nachvollziehen kann: «Was ist das für ein Ort? Wo sind wir hier? Was hat das alles zu bedeuten?»

Nun, wir sind im Wiener Volkstheater, wo die Regisseurin Anna-Sophie Mahler das wenig gespielte...

Böse Geister

In Sachen bühnentauglicher Sarkasmus ist eine Stelle frei geworden, seit Sibylle Berg als Spaßpartei-Abgeordnete ins Europa-Parlament eingezogen ist und sich dort Tag für Tag aufopferungsvoll durch die mühsame Kleinarbeit in Gremien und Ausschüssen wühlt. Ihre – unter anderem – Übersetzerin ins Litauische, die Autorin und Kuratorin Arna Aley, könnte demnächst die...