Dresdner Bürgerklassik
Wenn das Ende naht, schlagen die Emotionen hoch. Auf dem «Schiff der Träume», während am imaginären Horizont ein Panzerkreuzer der Österreicher aufzieht und – es ist 1914 – die Herausgabe serbischer Schiffsbrüchiger fordert, halten die Passagiere Trauerfeier für eine verehrte Opernsängerin: «Kyrie eleison», «Herr erbarme dich», tönt es aus einem Herzen, zu einem Himmel hinauf, oben auf dem stählernen Koloss, den Sabrina Rox ins Staatsschauspiel Dresden gebaut hat. Ein Schiffsrumpf als Baugerüst ins Jenseits.
Akkorde aus «Freude schöner Götterfunken» mischen sich in den Choral, das Sinnen steigt höher und höher, und von weither wie durch ein altes Telefon spricht einer der Reisenden (Theaterintendant Reginald: Thomas Eisen): «Ach, es wäre natürlich schön gewesen, wenn die Rührung auch den Österreichern ans Herz gegriffen und sie ihr Kriegsschiff wieder abgezogen hätten. Aber dem war nicht so. Sie wollten die Serben, und wie sie sie wollten.» Und mit sicherem Gespür für Pathos pointiert er: «Und noch schöner wäre es natürlich gewesen, wenn wir trotz all des Machtgeprotzes gesagt hätten: Nein, wir geben sie euch nicht.»
Es ist das Ende eines Theaterabends und das Ende der Intendanz ...
Weiterlesen mit dem digitalen Monats-Abo
Sie sind bereits Abonnent von Theater heute? Loggen Sie sich hier ein

- Alle Theater-heute-Artikel online lesen
- Zugang zur Theater-heute-App und zum ePaper
- Lesegenuss auf allen Endgeräten
- Zugang zum Onlinearchiv von Theater heute
Sie können alle Vorteile des Abos
sofort nutzen

Theater heute Mai 2016
Rubrik: Aufführungen, Seite 17
von Christian Rakow
Zu zeigen, dass es nicht mehr relevant ist, unter welcher Produktionsstruktur ein Abend entsteht – frei oder am Stadttheater –, ist eins der erklärten Etappenziele, die Matthias Lilienthal sich für seine Amtszeit an den Münchner Kammerspielen vorgenommen hat. Inhaltlich und ästhetisch ist es sicher so, dass es da längst keine Bastionen mehr einzureißen gibt. Im...
Ein aufgerissenes Hemd, eine abgestreifte Hose, ein kurzes Stöhnen. Dann liegen sie wieder da auf ihrem Luxussofa ohne eine Idee, wie die Restzeit totzuschlagen sei – für immer und ewig. Hedda verdreht die Augen überm Wonnemund, Jörgen schaut verlegen weg, und vorbei ist es mit der Intimität des Scheinehepaars. Denn im Kleinen Haus des Staatstheaters Wiesbaden...
Tanzplattformen sind immer auch Stimmungsbarometer der Tanzszene. Sie liefern Querschnitte durch die Zeit und umreißen so den Stand der Dinge. Betrachtet man die jüngste Ausgabe der Tanzplattform Deutschland, die nach zwanzig Jahren erneut in Frankfurt am Main stattfand, will der Tanz vor allem wieder eins: sich der Welt zuwenden und Lösungsvorschläge für...